Lobenberg: Wir haben hier am Gaumen quasi kaum spürbare 40-45 Gramm Restzucker, denen eine knapp zweistellige Säure entgegensteht, beide Werte klingen auf dem Papier zwar hoch, doch am Gaumen vereinen sie sich zu einer grandiosen Balance, nichts stört, alles liegt im Fluss. In den Gutsweinkabinett fließt nun viel Menge ein, die zuvor dem Ortswein Kabinett angehört hatte, sodass er vom qualitativen Ausgangsmaterial eine starke Aufwertung erhält. Wie immer alles aus biodynamischer Bewirtschaftung und wie immer spontanvergoren in Fuderfässern unterschiedlicher Größen und einer kleineren Menge im Edelstahl. Alles wird früh gelesen in mehreren selektiven Durchgängen, um nur perfekt reife, knackig frische Trauben zu erhalten. Die Weine verbleiben bis zu 8 Monaten auf ihrer vollen Hefe, alles soll so ungestört wie möglich ablaufen, kein Pumpen, keine Abstiche, keine unnötigen Maßnahmen, geschönt wird hier ohnehin niemals. Die Kabinette werden allerdings bewusst reduktiv ausgebaut und werden auch normal geschwefelt während dem Ausbau, da Kai Schätzel den reduktiven Kabinett Stil liebt und er auch der große Meister darin ist. Diese reduktive Stilistik drückt sich merklich in der Nase aus, dazu kommt eine kräftige Sponti-Note, die aktuell fast jede Frucht überflügelt, man erahnt etwas Zitrusfrische und zarte Steinobstnoten darunter. Der Gaumen zeigt sich füllig und aromatisch, viel Fruchtdruck aus der Aprikose und gelbem Pfirsich, dann kommt knackige Mirabelle und ganz reife Zitrone hinzu, etwas Blutorange mit ganz leichter Phenolik im Ausklang, animierend und saftig. Die Süße sorgt zwar für einen einnehmenden Schmelz am Gaumen, aber wird auf Grund der hohen Pikanz der Zitrusfrucht und der rassigen Säurestruktur überhaupt nicht die Dominante, sondern sorgt einfach nur für eine charmante, mundfüllende Haptik und zusammen mit der Hefeprägung für eine feine Cremigkeit am Gaumen. Würzig, saftig, salzig, zitrusfrisch. Wir haben eine super Balance in diesem sehr trinkigen Kabinett. Man spürt definitiv die höheren Qualitäten am Gaumen, die hier miteingeflossen sind, wir haben eine satte aromatische Dichte und eine tolle Frische in diesem Einstiegskabinett, ein großer Spaßmacher, ein Zechwein auf allerhöchstem Niveau. Schätzel und seine Kabinette sind eine Erfolgstory, die sich hier immer weiter zu manifestieren scheint. 92/100