Lobenberg: Weine vom blauen Schiefer profitieren in den letzten Jahren, die allesamt recht warm waren, durch ihre zumindest gefühlt höhere Pikanz und Frische. Der Oszillograph aus dieser grandiosen Säure und der cremig-schmelzenden Frucht kommt hier besser zum Tragen. Vor allem bei Ernie Loosens feinfruchtigem klassischen Mosel-Stil, kommt dieser Extra-Kick aus dem Blauschiefer immer super. Der Wein ist einfach insgesamt spannender, vibrierender. Helle Nase mit strahlender, intensiver Frucht, überwiegend weiße Frucht, weiße Johannisbeere, weißer Pfirsich, Limettenabrieb. Schöne Fruchtsüße aus der vollen Reife ausstrahlend, aber gewissermaßen auch klassisch in seiner schlanken, schieferwürzig unterlegten Struktur. Nicht so immens konzentriert und vollreif wie die beiden Vorjahre, etwas leichtfüßiger in der Art, aber zugleich so voller Frucht und Saft, dass es eine geniale Trinkfreude ist. Im Mund viel Gripp aber dennoch mit schöner Harmonie, saftig und reif, trotzdem zieht sich der Mund zusammen, die Zunge rollt sich, wegen des salzig-mineralischen Angriffs zusammen mit der pikanten Säure aus Zitrusfrüchten. Man muss überhaupt feststellen, dass die Toperzeuger mittlerweile in ihren Gutsweinen ein Niveau erreicht haben, welches vor 20 Jahren an die Unterkante der großen Weine herangereicht hätte. Alles ist da, die ganz reife, verspielte Frucht und die wunderbare Mineralik, die das Ganze stützt. Die feine in Salz eingelegte Limette belegt den ganzen Mundraum und erfrischt. Das alles bei 12% Alkohol sehr gut abgepuffert zu werden. Unglaublich delikat und zugänglich. Loosens Vertriebschefin Desiree probiert die Weine hier mit mir und musste auf ihrem Handy nachschauen, ob heute ein Fruchttag ist, weil wir beide so geflasht waren von der Intensität der Frucht. Aber das war es nicht mal, die 2020er sind einfach so! Unglaublich. Der Blauschiefer bleibt aber in seiner etwas kühleren, definierteren Art, wobei der Rotschiefer rassiger und aufbrausender daherkommt. Ich mag keinen der beiden höher bewerten. 92+/100