Lobenberg: Das Bernkasteler Johannisbrünnchen lag eigentlich direkt ans Gutshaus von Loosen angrenzend, das Weingut hieß ja ursprünglich mal Johannishof. Nach der Flurbereinigung wurde das Brünnchen etwas nach oben verlegt und direkt am Haus liegt jetzt nur noch der Bernkasteler Lay. Wir sind hier in etwa auf 100 Metern Höhe über der Mosel, komplett auf Blauschiefer, also kühler Boden, gut wasserversorgt, eigentlich nie Trockenstress, in kühlen Jahren gibt es hier auch mal vermehrt Botrytis, aber die warmen, mediterranen Jahre sind ziemlich perfekt für das Johannisbrünnchen. Diese Lage braucht wohl immer etwas mehr Zeit auf der Hefe, um die Cremigkeit zu erlangen. Die Nase des 2019er Johannisbrünnchen ist wie 2018 – und doch ganz anders. Sie ist fast Pfälzisch, wie viele 2019 Moselaner eine Nase haben, die zum Reinspringen schön ist. Die Mosel kann manchmal spröde und abweisend sein. Sogar in einem warmen Jahr wie 2018 waren die Weine durchaus mit einer gewissen Aggression behaftet. In 2019 haben die meisten einen so großen Oszillographen aus wahnsinniger, wirklich verblüffender Frische, bis rein in eine ganz hohe Reife. Eine Eigenschaft und Aromatik, wie man sie eigentlich an der Mosel nicht so oft findet, sondern eigentlich eher in Rheinhessen oder der Pfalz. Das bekommt der Mosel aber extrem gut. Das Johannisbrünnchen strahlt einen aus dem Glas richtig an. Wir haben gelbe und weiße Früchte. Satte kandierte Limette, Orangenabrieb, Mandarine darunter. Mango, reife gelbe Melone, ganz reifer Braeburn Apfel und ganz hinten auch noch eine schöne reife Williams Birne. Was für ein wunderbares Potpourri. Dazu weißer Pfeffer, Pimentschärfe. Wow, wenn der Mund jetzt so ist wie die Nase, dann flipp ich aus. - Ja, der Mund ist so wie die Nase verspricht. Wollüstig, man kann es gar nicht anders sagen. So eine wunderschön reiche, süße Frucht. Sogar etwas rote Frucht dazu. Süße rote Johannisbeere, ein bisschen Himbeere. Aber viel mehr kandierte Orange und Limette. Sogar ein bisschen Aprikose kommt dazu. Total lecker verwoben, und das mit der grandiosen Frische vorne. Der Wein hört gar nicht mehr auf in dieser extrem sympathischen, einnehmenden Art. Und wie im letzten Jahr kann ich nur sagen, dass das ein fantastischer Wein ist, eine Ode an die Freude. Ich bewerte ihn genauso hoch wie den wunderbaren 2018er. Auch wenn der 2019er vielleicht sogar ein Quäntchen mehr Qualität hat, weil die Bandbreite von der Reife zur Frische noch ein wenig größer ist. Ein Topwein für allerkleinstes Geld. 97-100/100