Lobenberg: Die Lese fand erst Mitte Oktober statt und zog sich bis weit in den November hinein. Die trockenen Weine waren ca. Ende der ersten Novemberwoche im Haus. Das heißt, wir haben eine extrem lange Vegetationsperiode aller Weine bei gleichzeitig niedrigem Alkohol von 11,5 bis 12 % und hohen Säurewerten zwischen 8,5 und 10. Der süße Schmelz, der hohe Extrakt und die Extraktsüße sowie Komplexität des Jahrganges resultiert aus der extrem langen Vegetationsperiode. Um der Benennung im VDP zu entsprechen wurde die Lage Abtsberg auf diesem Etikett nicht mehr aufgedruckt. Es ist aber der gleiche Wein exklusiv aus dem Abtsberg, der früher 'Abtsberg Große Lage trocken' mit dem Zusatz Alte Reben hieß. Nur, dass Carl von Schubert jetzt freier in der Entscheidung bezüglich des Restzuckers ist. Er muss sich nicht mehr an die „trocken“ Definition von 9 Gramm halten und kann dementsprechend, je nach Jahrgang und Säure spielen. Der 2016er hat 12,5 Restzucker, aber mit einer Säure von ca. 8,8 und einem Alkohol von 11,5%, ist die Balance hier deutlich besser als den Zucker unter die 9 zu bringen und den Alkohol nach oben zu fahren. Unter 9 Gramm Zucker macht für diesen Wein in Sachen Balance auch wenig Sinn. Dieser Wein läuft im Terminus übrigens als VDP Ortswein. Es gibt unterhalb dieses Abtsberg Alte Reben natürlich dann noch den nicht lagenspezifischen Monopol. Das ist dann der Gutswein, den kaufe ich nicht, denn ich möchte nur Abtsberg. Die Trauben des 'Ortsweins' wurden komplett sauber geerntet. Es hat keinerlei Botrytis. Die Nase ist total clean in weißem Steinobst. Fast ein wenig an Weißburgunder erinnernd. Weinbergpfirsich, Birne. Ganz feiner Hauch von Mandarine, Orangenschale, feine Blumigkeit, etwas Jasmin. Aber keine Exotik. Die Nase ist unglaublich fein. Voller Harmonie, getragen, erhaben und voll intensiver Aromatik. Aber das Größte, und das zieht sich durch den Jahrgang, ist diese unendliche Feinheit und das schmelzige Spiel. Im Mund sind wir dann eindeutig an der Ruwer. Kein anderes Anbaugebiet Deutschlands schafft diese enorme Frische, diese unglaublich prägnante Säure. Der Abtsberg ist sicherlich die Paradelage schlechthin an der Ruwer. Hohe schmelzige Intensität von süßer, reicher Frucht. Die über 12 Gramm Restzucker sind überhaupt nicht spürbar, weil die Säure eine unglaubliche Balance schafft. Eine Harmonie auf höherer Ebene. Niemals hätte ich gedacht, dass es hier schon fast ins Feinherbe geht. Unendliche Länge, über Minuten nachhallend mit feiner, steiniger Mineralität. Die Lage des Abtsberg ist von Südost bis rein Süd ausgerichtet. Es ist blauer Schiefer, also ein sehr mineralischer, kühler und harter Schiefer. Gleichzeitig ist der Abtsberg aber auch die wärmste Lage hier an der Ruwer, mit dieser südlichen Sonnenexposition in Steillage. Diese ganze Kombination ergibt halt immer einen unglaublich pikanten Wein, und in 2016, einem Jahrgang, von dem man von der Trockenheit und dem langen Herbst her erwartet hätte, dass es ein fetter Jahrgang wird, ist im Grunde das Gegenteil von fett. Aber der ungeheure Schmelz der Extraktsüße balanciert das die Säure und immense Mineralität auf einem höheren Niveau. Unendliche mineralische Länge. Fast ein ganz großer Stoff. Ich bin schwer beeindruckt und hätte nicht erwartet, dass ich diesen Wein noch oberhalb von 2015 positioniert sehe, aber es ist ein formidabler Riesling. 95-96/100