Lobenberg: Die Lese fand erst Mitte Oktober statt und zog sich bis weit in den November hinein. Die trockenen Weine waren ca. Ende der ersten Novemberwoche im Haus. Das heißt, wir haben eine extrem lange Vegetationsperiode aller Weine bei gleichzeitig niedrigem Alkohol von 11,5 bis 12 % und hohen Säurewerten zwischen 8,5 und 10. Der süße Schmelz, der hohe Extrakt und die Extraktsüße sowie die immense Komplexität des Jahrganges resultiert aus der extrem langen Vegetationsperiode. Der 2016er kommt mit knapp 8 Gramm Restzucker, einer Säure von 8,8 und einem Alkohol von nur 12%. Diese formalen Werte deuten auf einen kargen Jahrgang hin, aber der 2016er mit seiner extrem langen Vegetationsperiode bringt eine Extraktsüße mit, die alles auf einem höheren Niveau balanciert. Insgesamt, ist die Ruwer natürlich das Gebiet mit der höchsten Säure, denn die Witterungsverläufe sind völlig anders als in südlichen Weingebieten. Abtsberg ist der älteste Rebberg, es ist kühler und harter blauer Schiefer. Die Grundqualität des GG ist eine Auslese und nur die ältesten Reben aus den höheren Lagen gehen in das Große Gewächs. Der blaue Schiefer bringt die Kühle und Mineralität in den Wein. Die Süd-Südost-Exposition bringt die Sonneneinstrahlung für die Süße der Frucht. Alles zusammen schafft das erst die Balance und Harmonie, die den Abtsberg immer zu einem der größten und harmonischsten Weine des Jahrgangs werden lassen. Er ist zu Recht eine Ikone. Und dieser, durch ganz viele glückliche Zufälle bedingte, perfekte Jahrgang 2016, tut sein Übriges. Der Jahrgang hätte auch komplett in die Hose gehen können. Die Startbedingungen im Frühjahr mit den langen Regenfällen waren ausgesprochen schwierig. Die Blüte wurde zum Teil verrieselt. Dann diese extrem lange Trockenperiode im Sommer. Der leichte Regen im September rettete, wie in vielen Weingebieten Europas, das Jahr. Danach folgte ein langer, trockener, warmer Indian-Summer, eine Herbstphase mit warmen und trockenen Tagen und zum Glück kühlen Nächten. Die Säure wurde bewahrt, die Reife konnte sich bis in den November hinein entwickeln. Die Lese konnte so spät wie möglich eingebracht werden. Alles konnte abgewartet werden. Ein mit ungeheuer viel Glück geretteter Jahresverlauf in Perfektion, aber im Grunde so nicht vorhersehbar und auch nicht wiederholbar. Es hätte auch mit früheren Regenfällen und einer feuchten Wärme ein komplettes Desaster werden können. Eine Situation, wie wir sie in dieser Glückseligkeit auch schon aus Bordeaux und anderen Regionen kennen. 2016 ist ein echter Glücksfall. Die Nase des spontan vergorenen Weines erinnert in ihrer Gradlinigkeit und Präsenz in 2016 durchaus ein bisschen an die Nahe. Der 16er ist nicht karg, ist nicht so spröde wie in manchen Jahren. Die enorm hohe Extraktsüße drückt sich wunderbar ab. Viel weißes Steinobst, süße Apfelnoten, viel Weinbergpfirsich. Auch hier, wie schon im Abtsberg Alte Reben, eine fast Weißburgunderhafte, saubere, weißfruchtige Note. Weiße Blüten, cremiges Brioche, leichtes Zitronengras darunter. So fein, so unendlich lang, so verspielt. Überhaupt nicht fett und trotzdem warm. Ein enorm dichter, sehr reicher Mund. Die Säure ist sehr präsent, sooo intensiv, aber nicht spitz. Sie ist massiv, aber total harmonisch. Sie wird vor allem von diesem so unglaublich süßen Extrakt perfekt getragen. Die Dichte, der Terroir Abdruck des blauen Schiefers, diese kühle Intensität mit der darunterliegenden Extraktsüße, kommt so perfekt. Das Ganze hallt mehrere Minuten lang nach. Die für mich schon perfekten 'Alten Reben' werden einfach eine ganze Etage höher gehoben. Ich habe mehrere Minuten lange Zeit den Wein nach zu probieren. Die Aromen steigen immer wieder hoch. Bei offenem Mund nachgespürt ist das Rückaroma wirklich phänomenal. Auch hier total Botrytisfrei. Es gibt keinerlei exotische Komponenten. Alles bleibt auf europäischer Frucht. Ein total raffinerter Wein voller Finesse, aber auch gleichzeitig viel Kraft und reicher Dichte. Die Werte zeigen die Zartheit, der Mund selbst kommt deutlich massiver daher, als man das hätte erwarten können. Die Intensität ist immens, aber immer fein, raffiniert und verspielt bleibend. Das ist der beste Abtsberg, den ich bisher probiert habe, und das ist ein wirkliches Highlight des Jahrgangs. 100/100