Lobenberg: Den Schwarzen Herrgott könnte man auch als Lehrstück an Klarheit, Geradlinigkeit und kalkstein-geprägter Präzision bezeichnen. Im Zellertal auf über 280 Metern Höhe gelegen, ist es das nördlichste GG der Pfalz – eine kühle, langsame Lage, in der selbst in warmen Jahren nichts zu üppig oder reif gerät. Der Weinberg ist vollständig von Kalkstein geprägt, mit einer Schicht Terra Fusca durchzogen, was ihm neben der klaren Mineralität auch eine zart erdige Tiefe gibt. Doch insgesamt bleibt die Anmutung hell, kühl, steinig. Der Schwarze Herrgott ist der späteste Lesezeitpunkt bei Kuhn, reift in Ruhe aus und bewahrt dabei maximale Frische. Die Vinifikation ist klassisch-traditionell, mit Maischestandzeiten, Spontangärung, langem Hefelager, minimaler Eingriffe. In der Nase zurückhaltend, fast schüchtern, wie frischer Bergnebel. Leichte Rauchigkeit, dann nasser Stein, Sommerregen auf heißem Kalkfels. Dahinter kommen feine Noten von Zitronenzeste, weißem Tee, zerstoßenem Fenchelsamen und einem Hauch kühler Kräuter – Melisse, Borretsch, etwas Zitronenthymian. Die Frucht bleibt subtil, zart. Grüne Mandarine, helle Birne, ein Hauch helle Ananas, aber komplett ohne Süße. Es ist ein kristalliner Duft, minimalistisch und glockenklar, aber voller innerer Spannung. Mit etwas Luft zeigen sich dann auch florale Nuancen – weiße Blüten, Apfelblüte, Lindenhonig in der Ferne. Der Wein bleibt immer eher leise als laut, aber von einer tiefen inneren Energie getragen. Am Gaumen dann mit diesem typischen, schnurgeraden Zug, der wie ein schmaler, eiskalter Gebirgsbach über den Kalkstein rauscht. Völlig schnörkellos, fast schwebend – kein Gramm Fett. Stattdessen feine herbe Noten von Grapefruit, ein Hauch Kumquat, weiße Johannisbeere, salzige Limette, leicht kräutrige Schärfe im Hintergrund. Der Schwarze Herrgott hat keine phenolische Wucht, keinen muskulösen Körper – er ist sehnig, geschliffen, total präzise. Nie ein Wein, der imponieren will – und genau darin liegt seine Größe. Im langen, vibrierenden Nachhall bleibt dieser pure Kalksteincharakter, kreidig, fast ein bisschen pfeffrig, leicht jodig, mit einer kühlen Würze von Waldkräutern. Trotz dieser puristischen Art wirkt der 2024er nicht karg oder hart, sondern ist herrlich balanciert, mit einer subtilen Cremigkeit aus dem langen Hefelager, die ihm genau die richtige Tiefe verleiht. Der vielleicht eleganteste und klarste Riesling aus dem Hause Kuhn in diesem Jahr, tänzelnd, fokussiert, fast messerscharf definiert – ein ganz eigener Typ innerhalb seiner GGs, näher an Morstein als an Kirschgarten.