
Peter Jakob Kühn: Riesling Oestrich Doosberg Großes Gewächs 2023
- Riesling 100%
- weiß, trocken
- 11,5% Vol.
- Trinkreife: 2027–2053
- mineralisch
- fruchtbetont
- voll & rund
- Lobenberg: 97–98/100
- Weinwisser: 96–98/100
- Galloni: 95–97/100
- Parker: 95–96/100
- Deutschland, Rheingau
- Allergene: Sulfite,
Abfüller / Importeur: Weingut Peter Jakob Kühn, Mühlstraße 70, 65375 Oestrich Winkel, DEUTSCHLAND

Heiner Lobenberg über:
Riesling Oestrich Doosberg Großes Gewächs 2023
/100
Lobenberg: Peter Jakob Kühn bzw. sein Sohn Peter Bernhard haben die Ausbauzeiten ja vor Jahren schon verändert. Die normalen GGs Nikolaus und Doosberg liegen für ein Jahr im großen Holzfass auf der Vollhefe, dann werden sie auf der Feinhefe in Edelstahl abgezogen bis zum nächsten Frühjahr. Abfüllung stets um Ostern herum, dann weitere Flaschenreife bis zum Release im September. Der Oestricher Doosberg ist eine Einzellage in ca. 120 Höhenmetern in Oestrich gelegen. Er liegt ca. 100 Meter höher als der Nikolaus. Wir sind hier mehr auf Löss-Lehmböden. Also reichhaltigere Böden, die mehr Power und Druck in den Wein bringen. Im östlichen Teil mit einer wunderbaren Südexposition und insgesamt auch einer gewissen Kühle in manchen Teilen. Der Doosberg hat immer viel Substanz, kommt mit Tiefe und Reichhaltigkeit aus dem Glas, hat eine hohe Fruchtintensität und verheimlicht seine Kraft nicht. Aber er ist dennoch stets elegant, getragen und in sich ruhend. Kein Schreihals, aber doch ein auffälligerer Typ als das ganz zarte Lenchen und der stylische Nikolaus. Da sich Familie Kühn mit dem Jahrgang 2022 dazu entschlossen hatte, keine Unikate mehr herauszubringen und das auch permanent so bleibt, gehen die alten Reben der Parzelle Landgeflecht wieder in das Doosberg GG. Der Wein erhält dadurch natürlich eine gewaltige Aufwertung, denn es kommt eine große Portion richtig starker Trauben hinzu. Das, gepaart mit dem ohnehin sehr starken 2023er Jahrgang bei Kühn, lässt den Doosberg richtig fliegen. Intensive Würze in der Nase, nicht fruchtfrei, aber schon eher reduziert. Grüne Birne, gelber und roter Weinbergpfirsich, Kerbel, erdiger Pu Erh-Tee. Der 2023er hat etwas freudvoll-energetisches, trotz der Erdigkeit und Power des Doosberg wirkt er sehr stringent und kommt mit viel Vorwärtsdrang auf die Zunge, wird immer kristalliner und fordernder hintenraus. Ich liebe die Balance dieses Jahrgangs, die Entspanntheit von 2012 mit der Aufregung von 2015, so gut!
Jahrgangsbericht
Der Winter 2022 auf 2023 brachte endlich, wovon wir in den letzten Jahren oft zu wenig hatten: Niederschlag. Dank Regen satt, waren die Wasserreserven nach dem viel zu trockenen 2022 endlich wieder gut gefüllt, was den Reben einen vitalen Start ins Frühjahr eröffnete. Nahezu keine Frostschäden und paradiesisches Wetter begleiteten eine tolle Austriebs- und Blütezeit, die die Winzerherzen höherschlagen ließ. Es folgte, woran wir uns – mit Ausnahme von 2021 – bereits gewöhnt haben: ein heißer und (zu) trockener Sommer. An den kargsten Standorten gab es wie im Vorjahr etwas Trockenstress. Die älteren Reben kamen aber aufgrund der satten Winterniederschläge glimpflich und sehr gesund durch den provençalischen Frühsommer. Nichtsdestotrotz hätte 2023 eine mittlere Katastrophe werden können, wenn die Trockenheit bis zur Lese so durchgepowert hätte, doch ausgerechnet der sonnenverwöhnte August brachte die Kehrtwende auf den Hacken, denn es war der regenreichste August seit langem. Ab Anfang/Mitte September – gerade recht zur Lesezeit – machte das Wetter vielerorts erneut eine Kehrtwende und schwenkte zurück zu sonnig-warmen, trockenen Verhältnissen. Die bereits kühleren Nächte ermöglichten eine hocharomatische Ausreifung, die 2023 diese gewaltige Fruchtstärke und kühle Brillanz beschert hat. Tatsächlich sahen die Trauben mancherorts aus wie von einem anderen Stern: goldgelb, hochreif und voll praller Energie und Saft. Ob 2023 wirklich DAS Jahr der Jahre ist, steht natürlich noch in den Sternen, aber die Vorzeichen sind mehr als grandios… es ist aus mehreren Gründen der faszinierendste Jahrgang der letzten Jahre. Kein Jahr zuvor war in der Vegetationsperiode so »sonnig« UND so »nass« zugleich. Also doch kein reines (Wein-)Wunder, dass 2023 diese wundervolle geschmackliche Mischung zwischen den aromatisch-dichten 2018ern und 2019ern, sowie den rassig-kühlen 2012ern und 2013ern ist. Warme, satte Agrumenfrucht ohne Ende, von Grapefruit bis Quitte ist alles dabei – und darunterliegend immer wieder dieser mitreißende Speichelturbo. Die Weine haben mehr Dichte als in 2020, eine höhere Reife als in 2021 und mehr Geschmeidigkeit als in 2022 – deshalb gefällt mir der Jahrgang beim Riesling in der Breite bisher auch besser als seine Vorgänger. 2023 kann sowohl 2021er Riesling-Freaks als auch Fans des runderen 2018 abholen. Die Einzigartigkeit der 2023er Rieslinge liegt im Akkord aus beeindruckender Dichte, die selten schwer wirkt, glasklarem Terroircharakter und einem Trinkfluss für die Götter. Die höhere Wasserverfügbarkeit der Reben hat vielen Weinen einen schwer in Worte zu fassenden »Fluss« verliehen. Die Besten sind so reich und geschmeidig, dennoch nie fett oder überwältigend, immer freudvoll und saftig. Vor allem im direkten Vergleich mit dem phenolisch-festeren und etwas kargeren Vorjahr 2022, ist das ein Quantensprung in Richtung früher Trinkbarkeit und Gourmetfaktor. Ich kann mir gut vorstellen, dass 2023 sogar bei den großen Weinen für eine längere Zeit offen und zugänglich bleibt. Das gibt dem Jahr potenziell ein riesiges Trinkfenster, denn dank tiefer pH-Werte und großer Balance ist das allemal auch ein Jahrgang für den Keller. In der Spitze sind die 2023er buddhistische Rieslinge. Keines der letzten drei Jahre hatte ein so stimmiges Gesamtbild aus expressiver Frucht, samtig-dichter Textur und perfekt reifen Säuren. 2023 fließt einfach – Hedonismus pur!

/100
Weinwisser über: Riesling Oestrich Doosberg Großes Gewächs
-- Weinwisser: Hellstrahlendes, extrem druckvolles und intensives Bouquet mit rauchig-würzigen Noten, sehr klarmit zarter Exotik, Ananas, deutlich mineralisch. Im Mund ziemlich linear und fokussiert, hat Zug ohne Ende, dichtmaschige Struktur, dabei mit der Gelassenheit eines großen Weins mit elegantem, verspieltem Trinkfluss, tiefgründig und vielschichtig verwoben, im langanhaltenden Finale mit würzigen und hellstrahlenden Noten und der typischen Doosberg-Länge. Da kommen sowohl die alten Reben auf tiefgründigen Oberböden auf Quarzit sowie der starke 2023er Jahrgang zum Ausdruck. Wirkt mühelos, fast schwebend wie aus einem Guss. Bravo!

/100
Galloni über: Riesling Oestrich Doosberg Großes Gewächs
-- Galloni: The 2023 Riesling Östricher Doosberg is from deep loess and loam soils mixed with quartzite. Flint and lemon are uppermost on the nose. The lemon intensifies by the second, becoming zesty and bright. Fluidity, smoothness and slenderness define the palate that rings with lemon purity, delving deep into salty yeast and stone. This is utterly intense and lip-smacking, gaining more and more chervil aromas and culminating in a super-smooth, balm-like finish. (Bone-dry)

/100
Parker über: Riesling Oestrich Doosberg Großes Gewächs
-- Parker: The 2023 Doosberg Riesling trocken GG is clear, deep and coolish on the still discreet yet pure and elegant nose that shows herbal and stony/earthy notes. Very elegant and saline on the palate, this is a rich but refined and textured, balanced and very elegant Doosberg with a quiet fruit core and concentration and a stimulating saline and savory finish. Very long and intense yet with moderate alcohol, this is a very promising, elegant and balanced Doosberg that I tasted as a sample from the fine lees in August 2024. The wine will be bottled in February next year and released in May 2025.
Peter Jakob Kühn
Dass man nicht immer Mainstream sein muss, um großen Erfolg zu haben, beweist Familie Kühn mit Ihrer herausragenden Arbeit als Demeter-Aushängeschild des Rheingaus. 1978 übernahmen Angela und Peter Jakob Kühn das Gut in Oestrich-Winkel von Peters Vater, der kurz darauf nach langer Krankheit...
