Lobenberg: Die Familie Nin-Ortiz hatte schon seit längerer Zeit Teile dieses uralten Weinberges bewirtschaftet, natürlich wie immer strikt biodynamisch, die Traubenmenge war allerdings immer zu wenig, um diesen Wein singulär auszubauen. Coma d’en Romeu ist eine warme, nach Süden gerichtete Lage, die auf auf den sogenannten ‚costers‘ steht, also unterrassierten Steilhängen mit Buschreben. Hier stehen 70-100 Jahre alte Rebstöcke, ganz natürlich und in Buschform auf reinem, etwas hellerem Schieferboden. Vor einigen Jahren gab es zufällig die Chance, den gesamten Weinberg zu übernehmen, und die Versuche begannen, den Wein allein und separat zu vinifizieren. In diesem Fall erfolgt die spontane Vergärung im offenen Holzgärständer als Ganztrauben, und der weitere Ausbau geschieht in Fässern zwischen 225 und 600 Litern. 2015 war der erste Jahrgang, mit dem sie dann vollständig zufrieden waren, das war quasi das Debut für diesen ganz besonderen Schatz der Familie. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Winemaker Carles Ortiz ein großes Grinsen im Gesicht hatte als er mir den Wein zum Verkosten einschenkte und fröhlich verkündete, der Coma d’en Romeu sei wie ein Spaziergang durch einen provenzalischen Garten. Und in der Tat duftet der Wein intensiv nach jeglicher Art von mediterranen Blüten und Gewürzkräutern, Lavendel, Kamille, Thymianblüten, Salbei und noch vielem mehr. Diese florale Komponente hüllt die massive, steinig-ummantelte, schwarzrote Schiefer-Frucht von Johannisbeere, Holunder, Hagebutte, Schwarzkirsche, Griotte-Kirsche und Pflaume in einen balsamischen Schleier. Diese tiefe, floral-würzige Duftigkeit gibt dem Wein eine sehr charmante Art neben seiner ansonsten tief vom Terroir geprägten Frucht und der felsenfesten, feuersteinigen Schiefer-Geranit-Struktur. Seine weichen, phenolisch perfekt reifen Tannine runden den Coma d’en Romeu ab. Dieser Wein versetzt einen sofort ans Mittelmeer mit seiner steinigen Wärme und der mediterranen Würze eines Kräutergartens. Trotz seiner vollen Reife, der Cremigkeit und der immensen Dichte behält sich der Coma d’en Romeu die stilprägende Frische und Leichtigkeit, die stets ein Markenzeichen von Nin-Ortiz ist. Man meidet hier jegliche Überreife. Diese charakteristische Frische gibt den Weinen eine gewisse Unbeschwertheit, eine elegante Feinheit, und nimmt ihnen jede Härte oder Schwere bei aller Konzentration. Obwohl wir hier vollreife, kraftvolle Priorat-Weine haben, schaffen es Nin-Ortiz stets, die perfekte Balance zu bewahren. Das ist ein bezaubernder Garnacha und ein großer Vertreter seiner Heimat. Ohne Zweifel einer der größten und zugleich feinsten Weine des Priorat. 100/100
Der Winter 2020/2021 brachte zwischen Dezember und März sehr viel Regen und Schnee, auch etwas Frost. Die Böden waren vor dem Austrieb der Reben mit ordentlichen Wasserreserven gefüllt – ein guter Start in den Jahrgang 2021. Die Blüte verlief bis auf kleine Verrieselungen ziemlich normal, kein Frost, kein Mehltau. Dann folgten nach einem trockenen Mai noch vor der Blüte große Regenmengen im Juni. Nach der Blüte begann ein sehr trockener, warmer, teils heißer Sommer. Hitze- und Trockenstress waren die Folge, die Reben machten ab Mitte August total dicht, um sich zu schützen. Die Beeren waren zu diesem Zeitpunkt dickschalig und kerngesund, Sorge bereitet aber die phenolische Reife, die durch den Stillstand der Reben nicht erreicht werden konnte. Dieses Phänomen gab es in allen Regionen der nördlichen Hälfte Spaniens, also in allen Topregionen. Von Anfang September bis zum 25. September gab es einige Tage satten Regen. Durch die neue Wasserversorgung setzten Photosynthese und Reifung sofort ein. Ab dem 25. September war es trocken, extrem sonnig und warm, nachts sanken die Temperaturen deutlich. Fünf traumhafte Wochen mit großen Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nach und hochintensiver Sonne folgten. Diese große Kühle, ja Kälte der Nächte, nach dem letzten Regen vom 25. September, gilt als der Schlüssel zu diesem großen, reifen und zugleich frischen Cool-Climate-Jahrgang. Das Ergebnis waren überall hochgesunde, dickschalige Beeren mit sattem Tannin und hoher Säure vor der Lese im Herbst. Die Weine sind weniger extremreif und immens als 2019, aber deutlich aromatischer und reifer als 2018, mit einer Frische, die ihresgleichen sucht.