Lobenberg: Der Neuburger ist eine alte, autochthone Rebsorte Österreichs und heute leider eine echte Seltenheit geworden. Ein Grund mehr für Markus Altenburger sich dieser Sorte seit über 10 Jahren wieder zu widmen. Auf die Handlese folgt eine 72-stündige Maischestandzeit und die spontane Vergärung im Beton-Ei. Hierin verbleibt der Neuburger dann weitere 6 Monate bis er minimal geschwefelt und unfiltriert, naturbelassen abgefüllt wird. Das führt zu einer außergewöhnlichen Farbe, ein tiefes goldgelb mit Bernsteinreflexen, naturtrüb. Die Nase ist immens tief und komplex, geradezu abgefahren in ihrer Vielschichtigkeit, wir haben viel angeschnittenen, mürben, roten Apfel, Orangenschale, Kumquat, Weinbergpfirsich und Grapefruit mitsamt ihren feinen Bitterstoffen. Dabei eine tonische Frische ausstrahlend, minzig-kräuterig, Zitronengras und gleichzeitig gelbwürzig mit Kurkuma und Curry. Darunter lauert eine tiefgreifende mineralische Komponente, nasser Stein, Schieferwürze – das ist großes Nasenkino, man kann gar nicht aufhören neue Facetten zu erschnüffeln. Die Nase wirkt gleichzeitig klar und strukturiert, sehr erfrischend und offen, aber eben auch etwas dirty und herausfordernd mit ihren oxidativ-würzigen Einschlägen. Der Mund fühlt sich dann wie eine Explosion und Implosion gleichermaßen an – wow, da ist wirklich mächtig aromatischer Druck dahinter. Die Aromen aus der Nase überschlagen sich auch am Gaumen, reife Grapefruit, Boskoop, roter Weinbergpfirsich dazu dann soviel nachhaltige Würze, Walnuss, Pistazie, Orangeat und alles entfaltet sich äußerst erhaben und fein, alles ruht in sich, nichts ist aggressiv oder aufdringlich. Klar, spürt man hier gewissermaßen die weitestgehende Abwesenheit von Schwefel, aber eben nicht negativ. Denn der Neuburger zeigt dennoch tollen Fokus, Frische und Saftigkeit, gepaart mit einer mehrdimensionalen Struktur am Gaumen. Diese geballte Aromenfülle, dieses Spektrum an Sinneseindrücken baut sich in immer neuen Schichten zu einem ausgesprochen nachhaltigen, kraftvollen und saftigen Fruchtausdruck auf. Hinzu kommt ein elegantes, geschliffenes, voluminöses, ja fast seidiges Mundgefühl von ganz feinen Gerbstoffen, die bis in den samtigen, endlos langen, aromatischen Ausklang tragen. Dabei werden die Gerbstoffe niemals bitter. Die druckvolle Extraktsüße überwiegt zu jeder Zeit und verleiht dem herbfruchtigen Kern seine Tiefe und Präsenz bei gleichzeitig belebender Säure. Der 2018er Neuburger betont ist ein Naturereignis, das alle Sinne herausfordert und über Minuten beschäftigt. Er verstößt bewusst gegen jede Konvention und trifft dabei doch genau den Nerv eines perfekten, trinkfreudigen Weines, ob seiner herb-saftigen Frucht, seiner inneren Spannkraft und der griffigen, perfekt ausgeglichenen Textur, die den Spagat zwischen Sanftheit und Knackigkeit in müheloser Perfektion darstellt. Das ist ein absolut faszinierender, horizonterweiternder und einnehmender Wein, der zurecht in der allerersten Reihe der Naturweine steht. 95/100