Lobenberg: Latricières liegt angrenzend an den Le Chambertin und oberhalb des Mazoyeres Chambertin direkt am Waldrand, wird also stetig von kühlenden Abwinden von oben durchzogen. Deshalb verfügt Latricières immer über eine phänomenale Spannung und Energie. Dennoch ist es eine warme Lange, die sich wie ein Amphitheater aufspannt, mit sehr steinigem, hellem Boden, der Wärme abstrahlt. Faiveley verfügt hier seit den 1930er Jahren über 1.3 Hektar Domaine-Besitz. Mit dem Le Chambertin und dem Clos de Bèze zählt Latricieres zu den besten Grands Crus der Gemeinde Gevrey, weil er Power und Vitalität in großer Delikatesse vereint. Dabei hat Latricieres nicht selten die größte Energie, Sauerkirsche und Schlehe satt, hier sind wir nicht so sehr in schwarzer und mediterraner Frucht, sondern rotfruchtiger, auch deutlich kreidig und sehr präzise und klar wirkend. Im Mund kommt dann doch überraschend viel Süße dazu, Himbeere und Herzkirsche wickeln sich um die spannungsreiche und energiegeladene Mitte des Weines. Beeindruckende Präzision, der Wein schießt mittig über die Zunge wie ein Pfeil. Dennoch hat er diese schicke Fruchtsüße und enorme Dichte, die ihm einen betörenden Delikatessenfaktor verleiht. Ein Ausbund an Kraft und Energie. Was für ein spannender Wein, wirklich großartig. Trinkt sich superb, braucht aber sicher eine Dekade im Keller, um seinen vollen Facettenreichtum zu zeigen. 97-99/100
Nach einem erneut eher milden Winter kamen Austrieb (März) und Blüte (Mitte Mai) wieder recht früh in 2020. Es folgte ein warmer Sommer, der aber weniger extreme Hitzespitzen wie 2019 und 2018 hatte und vor allem durch kühlere Sommernächte eine robuste Säurestruktur erhalten konnte. Häufig wird vergessen, dass Hitze und vor allem Trockenheit nicht nur die Zuckerentwicklung, sondern auch die Säuren und Gerbstoffe durch niedrige Erträge und dicke Beerenschalen aufkonzentrieren. Dieser mediterrane Powersommer hat dem Burgund Mitte August den frühsten Lesestart seit 2003 beschert, dennoch wurden die vollen 100 Tage Reifezeit nach der Blüte erreicht bis zur Lese. Aufgrund der sehr trockenen Verhältnisse waren die Trauben weitgehend kerngesund und vollreif – Fototrauben soweit das Auge reicht! Wohingegen an der Côte de Beaune fast durchschnittliche Mengen Chardonnay geerntet werden konnten, war der Ertrag beim Pinot Noir an der gesamten Côte d’Or durch die winzige Beerengröße geringer noch als im Vorjahr 2019. Die Chardonnays betören mit dem selben imposanten Fruchtdruck und einer Power wie 2019. Sie wirken allerdings schlanker und feiner, auch aufgrund von lebhafteren Säuren, die eher an 2017 denken lassen. Es ist mit 2014 und 2017 ziemlich sicher das beste Weißweinjahr der letzten 10 Jahre. Die Balance der weißen 2020er ist herausragend! Die Pinot Noirs sind etwas weniger einheitlich balanciert. Je nach Terroir und Erntezeitpunkt, changieren sie zwischen bestechender Eleganz, Kühle und Finesse bis hin zu gewaltiger, mediterraner Struktur mit hoher Reife bis hin zur Überreife in einigen Fällen. Die topgesunden Beeren waren dickschalig, klein und kernig und gaben nur widerwillig ihren hochkonzentrierten, hochintensiven Saft preis. Die Fruchtfülle und das Parfüm der roten 2020er ist gewaltig, wie dichte Wolken aus Waldfrüchten und dunkler Kirsche schiebt es tieffarbig und reich aus dem Glas. Die Konzentration ist berauschend, die besten 2020er stellen die exzellenten Vorjahre sogar noch in den Schatten – in der Spitze war absolute Weltklasse möglich in diesem Blockbusterjahr. 2020 ist ein beeindruckendes und großes Jahr, das bei den Top-Domaines mit zum besten zählt, was es in den letzten Jahrzehnten gab. Zurücklehnen und genießen mit den verführerischen Pinots und sich mitreißen lassen von den berauschenden Chardonnays. Die erneut kleinen Erträge und der harte Frost in 2021 erzeugen weiter Mengendruck auf das Burgund und die besten 2020er werden schnell rar und gesucht sein.