Lobenberg: Freisa ist eine autochthone Rebsorte der piemontesischen Bauern mit genialer Frische und hoher Würze, leider deshalb fast ausgestorben, der Wein ist eigenwillig und kratzbürstig in seiner würzigen Mineralik. Auch neigt die rustikale Freisa fast immer zur Nachgärung in der Flasche und muss deshalb und wegen der reduktiven Noten und hohen Sedimente zwingend dekantiert werden, dann ist er nach einer Stunde ein genialer Wein. Aus den zuvor genannten Gründen findet Freisa kaum jemals den Weg in den Export, ich konnte mit Engelszungen um eine Minimenge werben, darf aber wie meine Kunden niemals über die Nachgärung und Eigenartigkeit meckern. Wer nicht dekantiert ist also selber schuld! Waldhimbeeren, schwarzer Pfeffer, dunkle Schokolade, schwarze Kirschen, Unterholz, Kräuter. Toller Geradeauslauf, weniger komplex und elegant, dennoch vollmundig und charmant. Dann eher karger Mund mit schlanker Frucht und ausgeprägter Krautwürzigkeit, feine Mineralität. Sehr trinkiges Unikat, überfordert nie, wird immer ausgetrunken und hinterlässt einen bleibenden Eindruck. Eine Bereicherung! 93+/100
Der Jahrgang 2019 ist im Piemont wie auch in vielen anderen Regionen Europas ein magisches Jahr der Perfektion, er wird als klassischer Jahrgang hoch gelobt und im selben Zuge auch hoch bewertet. Viele Winzer vergleichen den Jahrgang mit dem Weltklasse-Ausnahme-Jahrgang 2016, besonders wegen der Tannindichte, Konzentration und Power der Weine. Den entscheidenden Unterschied zu den 2016ern macht aber die Balance der vielen dichten Tannine mit der wollüstigen Frucht, die süßer und saftiger ist als in den 2016ern. Die vibrierend frische, ausgleichende Säurestruktur der Weine sorgt für die ultimative, herausragende Balance. Der hohe Anteil an Polyphenolen bringt dabei vor allem bei Nebbiolo eine gesund leuchtende Farbe hervor, die tiefer und intensiver ist als in den Vorjahren. Im Grunde genommen haben die 2019er den Genuss-Regler lauter aufgedreht als die 2016er, sie sind eine hedonistische Version dieses klassischen Jahrgangs. Trotz all der Saftigkeit und Balance werden die Weine aber einige Zeit brauchen, um in ihr ideales Trinkfenster zu kommen, frühestens ab 2025, idealerweise ab 2028 geht’s los. Die Topweine haben das Zeug dazu, locker 20 und mehr Jahre im Keller zu reifen. Sie sind stramme, elegante Marathonläufer.