Lobenberg: Für die Spätburgunder des Weinguts Franz Keller möchte ich eine generelle Bemerkung zur Aromatik und zur einzigartigen Wesensart machen, um die Erwartungen der Genießer besser zu justieren und um Enttäuschungen zu vermeiden. Diese Weine um Oberbergen sind ob des vulkanischen Terroirs einzigartig. Unverwechselbar wie die Weine von der Ahr, einzigartig und wegen ihres speziellen Fruchtausdrucks und des speziellen Terroirs sehr ursprünglich deutsch in ihrer Art, nirgendwo anders zu verorten. Sehr dunkel, schwarze Frucht, sehr kühl, krautwürzig, etwas spröde und schlank im Körper, nur moderat in der Süße, extrem verspielt und elegant, voll zarter Finesse, klar deutsche Spätburgunder. Keineswegs wollüstige Charmeure wie das Burgund oder pfälzisch badische rotfruchtige, kirschfruchtige, süße Burgundertypen. Keller ist genial und unique, aber eben ganz anders, die Weine brauchen Zeit, beeindrucken schwer ob ihrer abgehobenen Finesse, aber sie umarmen den Genießer nicht. 2018 ist ein Traumjahr der deutschen Winzer für Rotweine. Das Weingut Franz Keller, in Person des Oenologen, Weinmachers und Sohn des Hauses Friedrich Keller, hat im Laufe des letzten Jahrzehnts einen atemberaubenden Fortschritt gemacht. Das liegt sicherlich in erster Linie an Friedrich, der der beste Freund von Julian Huber ist und mit allen Topwinzern des deutschen Rotweins sehr gut verbandelt ist. Das gemeinsame Studium in Geisenheim hilft sicherlich auch. Und wenn in früheren Jahren beim Vater Fritz Keller der Ansatz im Bereich der Spätburgunder mir persönlich etwas zu lieb und brav war, so gibt es hier inzwischen wirklich einschneidende Veränderungen. Der Enselberg ist mit 100 Prozent französischen Pinot-Klonen bestockt, hat aber auf dem Kalkstein auch eine Lössauflage und ist dadurch offener. Eine gut durchlüftete Lage mit spektakulärem Blick in die Rheinebene. Dunkle und helle, sehr steinige Vulkanböden. Die französischen Burgunderklone sind knapp 20 Jahre alt. Das ist ein femininer und feiner Spätburgunder, sogar rotfruchtig und zugleich das günstigste GG bei Franz Keller. Sehr rauchige Nase. Aber sicherlich noch vom Barriqueausbau. Sehr viel Schwarzkirsche, eine tolle Krautwürze vom hohen Rappenanteil, der im Enselberg ungefähr 25 Prozent beträgt. Also Rauch, viel Beerenfrucht, ein bisschen Brombeere, aber auch Lakritze und ein bisschen süße Feige im Hintergrund. Etwas wild, etwas krautig, aber wie schon gesagt liegt das am hohen Ganztrauben-Ansatz, den Friedrich verfolgt. Ein warmes Jahr und dennoch eine kühle Stilistik. Schwarze und auch süße rote Beeren, sehr fein, sehr spielerisch. Total seidiges Tannin. Nichts schmerzt, alles kommt verspielt. Eine feine Salzspur im Finale, auf viel Kirsche laufend. Auch deutliche Holundernoten, Veilchen. Der Mund ist dann deutlich saftiger. Der Wein hat viel Zug, das hat er 2017 auch schon gehabt. 2018 ist gar nicht so anders. Schwarzkirsche, Brombeere, rote Kirsche und ein famoses Spiel aus einer unerwarteten Frische für 2018. Eine pikante Säure, eine feine Fruchtsüße. Sehr feingliedrig, sehr elegant. Und wie schon 2017 eher eine athletische Struktur. Der Wein ist lecker, braucht aber ein paar Jahre, länger als 2017. Das Finish geht auf Cassis, rote Johannisbeere, Schlehe und Sauerkirsche. Sehr gelungener Pinot Noir, wie das der 2017 auch schon war. 2018 hat vielleicht ein bisschen mehr Struktur als 2017, aber 2018 hat auch erstaunlich viel Frische und Finesse. Ich hätte ihn wuchtiger erwartet. Tolle Fortsetzung des großen Jahres 2017. 97-98+/100