Lobenberg: Dieser Grauburgunder wächst zu 100% auf Lössboden. Die Rebanlagen sind bis zu 30 Jahre alt. Reine Spontangärung überwiegend im Holz, Ausbau komplett im Holz, lange Zeit auf dem Hefebett ohne Schwefel. Er bekommt einfach etwas mehr Griffigkeit und Struktur, hat dazu aber für Holger Koch eine erstaunlich schicke Frucht. Einen ganz kleinen Teil mit Schalenkontakt vergoren, um feine Gerbstoffe zu bekommen. Obwohl die Säure knackig und straff ist in 2021 hat Holger Koch nichts entsäuert, er hat nur mit der Malo gearbeitet, um die Harmonie zu finden. Der hohe Holzfassanteil und die Maischeanteile machen den Unterschied bei diesem Gutswein, geben ihm den letzten Feinschliff. Schön frische Nase von würziger, leicht herber Birne, Melone, Heu, etwas erdig, auch nussig, Muskat. Gar nicht parfümiert aber mit sehr viel Fruchtausdruck. Am Gaumen wunderbar saftig und klar mit warmer, charmanter Frucht, die von angenehmer Frische unterlegt ist. Der Wein schmilzt auf der Zunge mit diesem kernigen Griff, packt schön zu. Durchaus mit mundfüllendem Körper und sattem Extrakt und guter Dichte. Der weiche Schmelz kommt auch aus dem Holz, der guten Gerbstoffstruktur und dem Hefekontakt, den Holger ganz gezielt eingesetzt hat in diesem Jahr, um mehr Druck und Mundgefühl zu bekommen. Für einen Grauburgunder aber wunderbar leichtfüßig und saftig, erfrischend und würzig. Holger Koch sucht selbst im Gutswein schon die hohe Frische und Ausgewogenheit. Er trinkt sich wirklich angenehm, sehr süffig, mit schöner Länge und gutem Druck. 91+/100
Mit den letzten Jahrgängen im Hinterkopf antizipierten die Winzer wie gewohnt einen eher trocken-warmen Witterungsverlauf. Doch 2021 machte recht schnell klar: nicht mit mir! Austrieb und Blüte waren bereits von ungewöhnlich nordisch-rauem Wetter begleitet und im Vergleich zu den Vorjahren »relativ spät« – im langjährigen Mittel also quasi normal. Die meisten deutschen Weinberge blieben von Frost verschont. Die recht harsche Witterung sorgte jedoch nahezu überall für Ertragseinbußen durch die windige, verregnete und dadurch unregelmäßige Blütephase. Der darauffolgende Sommer brachte zunächst keineswegs die Wende. Dramatisch konzentrierte Sommerniederschläge setzten der vorherigen Trilogie der heiß-trockenen Jahre ein jähes Ende und machten den Pflanzenschutz 2021 zu einer Sisyphusarbeit. Die Topwinzer haben 2021 Marathondistanzen in den Weinbergen abgeleistet, um der Situation Herr zu werden. Durch den zusätzlich hohen Personaleinsatz ist es in der Produktion für viele eines der teuersten Jahre aller Zeiten. Ein Glück, dass der Riesling als adaptierte Nord-Rebe stoisch in Wind und Wetter steht wie ein Islandpferd. Denn im Grunde wurde im Herbst immer klarer: Wenn man im Sommer richtig Gas gegeben hat, konnte das noch ein unglaublich starker Jahrgang werden – und so kam es dann auch. Nach diesem echten Cool-Climate-Sommer, der bis Ende August anhielt, retteten der September und ein Goldener Oktober den Weinjahrgang dann fast im Alleingang. Ein stabiles Hoch über Mittel- und Osteuropa sorgt für dieses seit Jahrhunderten bekannte Phänomen. Die Sonnenscheindauer ist gegen Oktober mit noch immer über 10 Stunden sehr hoch, dafür ist die Tag-Nacht-Amplitude schon viel ausgeprägter als noch im August. Da die Nächte länger werden, kann die Luft in Bodennähe stärker auskühlen. Das sorgt für eine langsame Ausreifung bei langer Hangzeit am Stock und trotzdem stabil bleibenden Säuren. Gerade der Riesling liebt das besonders, aber auch die Burgundersorten brillieren mit kühler Frische. Denn 2021 ist ein so spannendes, krachendes und zugleich kristallines Weißwein-Jahr, wie wir es lange nicht mehr hatten. Wer keine Angst vor berauschender Frische hat und sich gerne von hoher Spannung aus der Kurve tragen lässt, der wird mit 2021 seine größte Freude haben. Alle anderen sollten sich besser an die gar nicht so unähnlich gebauten, aber etwas freundlicheren 2020er halten.