Lobenberg: Das Rhônetal war 2018, ähnlich wie Bordeaux und ein Großteil von Europa, durch ein extrem nasses Frühjahr von vielen Krankheiten heimgesucht. Es gab echten und falschen Mehltau, einfach unglaublich hohen Pilzdruck. Tardieu nennt es ein gnadenloses Jahr mit dramatisch niedrigen Erträgen. Die Winzer im Süden des Rhônetals waren, auf Grund des hohen Krankheitsdrucks aus dem Frühjahr, täglich im Weinberg gefordert. Wer das leisten konnte und am Ende penibel jegliches befallene Material aussortiert hat, der bekam Ergebnisse ins Glas, die von außergewöhnlicher Klarheit und Reinheit der Frucht gekennzeichnet sind. Das Ganze bei hoher Aromatik und zugleich verblüffender Feinheit. Eine ähnliche Quadratur der Qualität wie wir sie in Deutschland und Bordeaux auch schon gesehen haben. Sehr hohe Reife der Frucht über immensen, aber reifen Tanninleveln und einer verblüffenden Frische, die sich eher aus niedrigen pH-Werten offenbart. Ein erstaunliches und unglaublich leckeres Jahr, aber wie gesagt in sehr kleinen Mengen. Dabei nicht ganz so klassisch und archetypisch für die Südrhône wie im Jahr 2016, doch dafür weniger üppig als 2017, feiner und auf der fruchtigen Seite bleibend. Die Südrhône ist total heterogen ausgefallen. Man muss sehr aufpassen welche Weine und welche Erzeuger man aus den jeweiligen Regionen einkaufen kann in diesem Jahr. In 2018 ist das beste gerade gut genug, aber das ist dann am Ende auch herausragend gut. 80% Grenache, 10% Syrah, 10% Mourvèdre. Die Reben der Grenache sind 60 und 100 Jahren alt, Mourvèdre 40 Jahre. Alle Trauben aus berühmten, überwiegend aus sehr hohen Lagen in Gigondas, wie La Boussières, Les Dentelles und anderen. Der Alkohol liegt bei 14,5%. 66% werden unentrappt vergoren. Ausbau 12 Monate in 1-2 Jahre alten Burgunder-Barriques, danach noch 12 Monate im großen Holzfuder. Natürlich, wie alles bei Michel, nicht filtriert und nicht geschönt. Die Böden sind sowohl Lehm mit Kieseln, als auch Hochlagen mit reinem Kalkstein. Wann immer ich mit Winzern aus Gigondas spreche von denen ich weiß, dass Teile ihres besten Materials bei Tardieu zum Ausbau landen, dass Michel und Sebastien meist schon im Laufe des Jahres ausgesucht haben. Immer wieder sind diese Erzeuger überrascht warum die Tardieus dann einen noch besseren Gigondas erzeugen als sie selbst aus ihrer Toplage. Wahrscheinlich ist es auch eine Frage des Assemblierens, denn das ist natürlich die wahre Kunst der Tardieus aus mehreren einzelnen Top Partien etwas noch Besseres machen zu können. 2018er Gigondas kommt fein, kommt poliert, kommt burgundisch, kommt mit viel Schwarzkirsche in die Nase, dazu Holunder, feine Himbeere, Waldhimbeere mit Süße und Lakritze. Wow! Der Mund ist fast dramatisch schön, weil er einerseits das widerspiegelt was die Nase andeutete, burgundische Schwarzkirsche, aber auch geniale Frische. Zwei Drittel der Cuvee sind nicht entrappt und das passt so hervorragend in diesem reifen, reichen Jahr. Nachdem es ja so dramatische Verluste durch den Mehltau gab, ist der Rest wie Phönix aus der Asche. Da ziehen sich schon die Augen zusammen ob dieser wahnsinnigen Frische aus den Rappen, trotzdem ist nichts grün, alles ist reif. Dazu viel Salz, tolle Länge. Diese Waldhimbeere, diese an die Loire erinnernde Cabernet Franc-haftigkeit, diese Schwarzkirsche, dann setzt sich etwas Minze, Eukalyptus, Cassis und süße Maulbeere durch. Trotzdem bleibt der Wein eine schwebende Schönheit in all dieser immensen Reichhaltigkeit. Ich hätte nicht gedacht, dass der Gigondas diese tollen Vacqueyras und Rasteau nochmal schlagen kann, aber das ist in der Tat der Fall. Das gehört zu den besten Gigondas, die ich bisher probiert habe. Das steht in einer Reihe mit den großen Weinen von St. Cosme und Santa Duc. Gigondas at ist best. 97-100/100