Lobenberg: Das Weingut wurde schon 1830 als Fratelli Dabbene gegründet und 1870 in Fratelli Alessandria umbenannt. Hier ist alles noch wie früher. Das Weingut ist in einem charmanten, uralten Haus aus dem 18. Jahrhundert untergebracht, mitten im Zentrum des historischen Ortes Verduno. Es gibt nur zehn Weingüter in Verduno, der Randgemeinde von La Morra in Richtung des Flusses Tanaro. Fratelli Alessandria ist ohne Zweifel der Superstar-Betrieb im Ort und ein reiner Familienbetrieb, in dem Gian Battista mit seiner Frau Flavia, seinem Bruder Alessandro und dessen Sohn Vittore die Weine erzeugt. Sie sind die achte Generation von Winzern hier. Die Weine werden ausschließlich aus Trauben der eigenen Weinberge gemacht. Das gesamte Weingut hat nur 15 Hektar, die sich auf die besten Lagen von Verduno und Monforte verteilen. San Lorenzo ist eine kleine Einzellage in Verduno von nur 0,8 Hektar auf 250 bis 280 Metern Höhe. Die Reben wurden in den 80ern und Anfang der 90er gepflanzt und sind jetzt dementsprechend 40 Jahre alt. Die Böden – Lehm, Kalkstein und Schwemmsand – sind deutlich dunkler als im Monvigliero. Es ist eine ältere Bodenformation mit höherer Oxidation. Die Bodenschichten reichen deutlich tiefer und insgesamt ist es nicht ganz so steil. Deshalb sind die Weine von San Lorenzo etwas reicher und üppiger als die von Monvigliero. Die Trauben werden komplett entrappt und nur minimal angequetscht. Vergoren wird im Stahltank für drei bis maximal vier Wochen, mit langem Verbleib auf der Maische. Es wird nur übergepumpt, um den Trester feucht zu halten, die Kerne sinken allesamt zu Boden. Nach der Malo geht es in 2.500-Liter Holzfässer aus slawonischer Eiche, die alle 25 Jahre gewechselt werden. Alle vier verschiedene Barolo von Fratelli Alessandria werden auf diese Art gemacht. Sie sollen das Terroir abbilden –keine unterschiedliche Machart, nie kleines Holz, nie neues Holz. Es folgt ein dreijähriger Ausbau – das machen außer Fratelli Alessandria und Giuseppe Mascarello keine anderen Erzeuger. Reife Beeren, der San Lorenzo ist dunkelbeeriger als der Verduno. Brombeere, Schwarzkirsche, sogar ein Hauch Cassis mit einem frisch gepflückten Strauß duftiger Veilchen und dunkler Blumen, es kommt auch Hibiskus und Lakritz dazu. Die Nase ist beerig und attraktiv mit großartiger Intensität. Dann im Mund ist er ein Erlebnis für die Sinne, der Wein legt nochmal mega zu! Feine Präzision, aber zugleich gibt es eine verführerische Würze mit einer absolut grandiosen, genialen Energie. Saftige Kirsche in allen Farben und Formen. Das ist ein ernsthafter, wichtiger Wein, der aber zugleich so viel Finesse an den Tag legt. Ich bin hellauf begeistert was Vittore hier auf die Flasche bringt. Ich denke, dass dieser Wein nicht so lange braucht wie die 2016er, weil er einfach den entscheidend höheren Anteil an saftiger Frucht hat. Dennoch wird die Säure und Präzision ihm zu einem langen Leben verhelfen. Tannine sind reif und rund. Der Jahrgang 2019 ist schon genial hier bei Fratelli Alessandria. Chapeau! Ich liebe diese Wein. Leider gibt es nur winzige Mengen. 98-100/100
Der Jahrgang 2019 ist im Piemont wie auch in vielen anderen Regionen Europas ein magisches Jahr der Perfektion, er wird als klassischer Jahrgang hoch gelobt und im selben Zuge auch hoch bewertet. Viele Winzer vergleichen den Jahrgang mit dem Weltklasse-Ausnahme-Jahrgang 2016, besonders wegen der Tannindichte, Konzentration und Power der Weine. Den entscheidenden Unterschied zu den 2016ern macht aber die Balance der vielen dichten Tannine mit der wollüstigen Frucht, die süßer und saftiger ist als in den 2016ern. Die vibrierend frische, ausgleichende Säurestruktur der Weine sorgt für die ultimative, herausragende Balance. Der hohe Anteil an Polyphenolen bringt dabei vor allem bei Nebbiolo eine gesund leuchtende Farbe hervor, die tiefer und intensiver ist als in den Vorjahren. Im Grunde genommen haben die 2019er den Genuss-Regler lauter aufgedreht als die 2016er, sie sind eine hedonistische Version dieses klassischen Jahrgangs. Trotz all der Saftigkeit und Balance werden die Weine aber einige Zeit brauchen, um in ihr ideales Trinkfenster zu kommen, frühestens ab 2025, idealerweise ab 2028 geht’s los. Die Topweine haben das Zeug dazu, locker 20 und mehr Jahre im Keller zu reifen. Sie sind stramme, elegante Marathonläufer.