Franz Keller: Spätburgunder Jechtinger Enselberg Erste Lage 2023

Franz Keller: Spätburgunder Jechtinger Enselberg Erste Lage 2023

VDP

Zum Winzer

95
100
2
Spätburgunder 100%
5
rot, trocken
12,5% Vol.
Trinkreife: 2025–2050
Verpackt in: 6er
9
pikant & würzig
seidig & aromatisch
3
Lobenberg: 95/100
6
Deutschland, Baden
7
Allergene: Sulfite,
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Spätburgunder Jechtinger Enselberg Erste Lage 2023

95
/100

Lobenberg: Der Enselberg ist eine gut durchlüftete Lage mit spektakulärem Blick in die Rheinebene. Der Untergrund ist geprägt von hellen und dunklen, steinigen Vulkanböden. Eine feine Lössschicht bildet den Oberboden. Hier zu stehen zu 100 Prozent knapp zwanzig Jahre alte, burgundische Pinot Noir-Klone, dies ergibt einen kühlen, sehr feinen Spätburgunder mit einer expressiven, fast explosiven Frucht. Der Enselberg war in den Vorjahren immer der Einstieg in die Welt der GGs von Friedrich Keller, immer der zugänglichste Lagenwein. Nun hat sich Friedrich konsequenterweise dazu entscheiden, diese Lage als erstes Gewächs abzustufen. Ein gewagter, aber wie ich finde durchaus richtiger und wichtiger Schritt. Damit setzt er ein Zeichen, was den Wein in keiner Weise abwertet. Brillante, strahlende, sehr delikate Frucht. Verspielte rote Beerenfrucht, Veilchen und Himbeere. Cranberry und Maulbeere mit leichter Zwetschgen-Nuance. Auch ein bisschen was von Piment. Helle Mineralität, Gesteinsmehl, das wirkt total straight und pur. Der Mund ist überaus saftig, tänzelnd und verspielt, auf feinen würzigen Tanninen laufend, dunkel- und hellrote Frucht, vibrierend und tief. Schöne Länge und hohe Fruchtintensität, geniales Spiel aus der sehr pikanten Säure und der feinen Fruchtsüße. Immer feingliedrig und von hoher Eleganz geprägt. Das ist kein Muskelpaket, das ist ein Athlet. Der Wein ist enorm lecker und dennoch durchdringend in seiner Konzentration. Und nicht nur in diesem Jahr ein großer Wein, das ist einfach mittlerweile so eine großartige Bank in diesem Preisbereich.

Jahrgangsbericht

Der Winter 2022 auf 2023 brachte endlich, wovon wir in den letzten Jahren oft zu wenig hatten: Niederschlag. Dank Regen satt, waren die Wasserreserven nach dem viel zu trockenen 2022 endlich wieder gut gefüllt, was den Reben einen vitalen Start ins Frühjahr eröffnete. Nahezu keine Frostschäden und paradiesisches Wetter begleiteten eine tolle Austriebs- und Blütezeit, die die Winzerherzen höherschlagen ließ. Es folgte, woran wir uns – mit Ausnahme von 2021 – bereits gewöhnt haben: ein heißer und (zu) trockener Sommer. An den kargsten Standorten gab es wie im Vorjahr etwas Trockenstress. Die älteren Reben kamen aber aufgrund der satten Winterniederschläge glimpflich und sehr gesund durch den provençalischen Frühsommer. Nichtsdestotrotz hätte 2023 eine mittlere Katastrophe werden können, wenn die Trockenheit bis zur Lese so durchgepowert hätte, doch ausgerechnet der sonnenverwöhnte August brachte die Kehrtwende auf den Hacken, denn es war der regenreichste August seit langem. Ab Anfang/Mitte September – gerade recht zur Lesezeit – machte das Wetter vielerorts erneut eine Kehrtwende und schwenkte zurück zu sonnig-warmen, trockenen Verhältnissen. Die bereits kühleren Nächte ermöglichten eine hocharomatische Ausreifung, die 2023 diese gewaltige Fruchtstärke und kühle Brillanz beschert hat. Tatsächlich sahen die Trauben mancherorts aus wie von einem anderen Stern: goldgelb, hochreif und voll praller Energie und Saft. Ob 2023 wirklich DAS Jahr der Jahre ist, steht natürlich noch in den Sternen, aber die Vorzeichen sind mehr als grandios… es ist aus mehreren Gründen der faszinierendste Jahrgang der letzten Jahre. Kein Jahr zuvor war in der Vegetationsperiode so »sonnig« UND so »nass« zugleich. Also doch kein reines (Wein-)Wunder, dass 2023 diese wundervolle geschmackliche Mischung zwischen den aromatisch-dichten 2018ern und 2019ern, sowie den rassig-kühlen 2012ern und 2013ern ist. Warme, satte Agrumenfrucht ohne Ende, von Grapefruit bis Quitte ist alles dabei – und darunterliegend immer wieder dieser mitreißende Speichelturbo. Die Weine haben mehr Dichte als in 2020, eine höhere Reife als in 2021 und mehr Geschmeidigkeit als in 2022 – deshalb gefällt mir der Jahrgang beim Riesling in der Breite bisher auch besser als seine Vorgänger. 2023 kann sowohl 2021er Riesling-Freaks als auch Fans des runderen 2018 abholen. Die Einzigartigkeit der 2023er Rieslinge liegt im Akkord aus beeindruckender Dichte, die selten schwer wirkt, glasklarem Terroircharakter und einem Trinkfluss für die Götter. Die höhere Wasserverfügbarkeit der Reben hat vielen Weinen einen schwer in Worte zu fassenden »Fluss« verliehen. Die Besten sind so reich und geschmeidig, dennoch nie fett oder überwältigend, immer freudvoll und saftig. Vor allem im direkten Vergleich mit dem phenolisch-festeren und etwas kargeren Vorjahr 2022, ist das ein Quantensprung in Richtung früher Trinkbarkeit und Gourmetfaktor. Ich kann mir gut vorstellen, dass 2023 sogar bei den großen Weinen für eine längere Zeit offen und zugänglich bleibt. Das gibt dem Jahr potenziell ein riesiges Trinkfenster, denn dank tiefer pH-Werte und großer Balance ist das allemal auch ein Jahrgang für den Keller. In der Spitze sind die 2023er buddhistische Rieslinge. Keines der letzten drei Jahre hatte ein so stimmiges Gesamtbild aus expressiver Frucht, samtig-dichter Textur und perfekt reifen Säuren. 2023 fließt einfach – Hedonismus pur!

Mein Winzer

Franz Keller

Franz Keller – ein legendärer Name, der gleichermaßen die deutsche Weinszene sowie die Spitzengastronomie geprägt hat wie vielleicht sonst kein anderer. Heute wird das Weingut gemeinsam von Fritz Keller und Sohn Friedrich geführt und zählt zur Elite der deutschen Burgundererzeuger.

Spätburgunder Jechtinger Enselberg Erste Lage 2023