Lobenberg: Mit dem Franchetti haben wir ja immer etwas ganz besonderes, eine ausgesprochene Rarität ob dieser ganz speziellen Rebsortenzusammensetzung. Die sorgt in der Jugend mit dem 50 prozentigen Petit Verdot für eine überbordende Würze, schwarz, brutal intensiv aber ohne Fett und Marmelade, verschlossen und abweisend mit zunächst zurückgenommener Frucht und voll auf der würzigen Seite laufend. Wir finden Pfeffer, Zimtstange, Nelke, ein paar kräutrige Blüten hinten raus. Insgesamt ein störrisches Wildpferd, dass jeden ungeübten Reiter abwirft. Einfach alles zu viel, zu anstrengend. Nach dem ein oder anderen Jahr im Keller kommt die weiche, trocken elegante, komplexe und harmonische Rebsorte Cesanese di Affile zu ihrer Expression. Rubinrot mit Lila kämpft sich durch das Schwarz der Petit Verdot. Die Cesanese kann der Petit Verdot, ähnlich wie Cabernet Franc das vermag, einen feinen, komplexen Gegenspieler darstellen. Die hier eigentlich am Vulkan beheimatete Nerello Mascalese wäre als Partner einfach plattgewalzt worden, und die Cabernet Franc hätte hier ganz oben in der Höhe zu viel Reife-Probleme. Der Wein zeigt einen kraftvoll-würzigen Kern am Gaumen, zunächst ohne spezifische Fruchtaromen, vielleicht etwas angetrocknete Johannisbeere oder Cranberry, dann stößt ein süßlicher Kern hinzu und das enorm weiche Tanninpolster, etwas Kirsche in Balsamicocreme mit einem Touch Nelke und Vanillestange dahinter. Was für ein unglaublich ungewöhnlicher, aber so spannender Wein! Andrea Franchetti, dem auch das Kult-Weingut Tenuta di Trinoro im Brunello-Gebiet gehört, hat ein unglaubliches Händchen für Terroir und passende Rebsorten. Ätna und dieser Wein ergeben eine andere Dimension. 98-100/100