Lobenberg: Ginestra ist die Einzellage, ein Amphitheater in ungefähr 400 Metern Höhe. Auch hier – wie im Chiniera – eine Selection Massale, die hier seit Jahrzehnten betrieben wird. Angepasste Reben an genau diese Lage. Die Blüte ist immer rund acht Tage eher als im Chiniera, entsprechend auch die Lese. Die Lage liegt 100 Meter tiefer und damit wärmer, reicher. Es müssen außerordentlich gesunde Trauben gelesen werden, um sich 30 bis 40 Tage Gärphase und Mazeration erlauben zu können. Jede Unsauberkeit durch Botrytis und Co. würde durch die lange Verweildauer verstärkt werden. Hier bei Grasso werden alle Trauben mit einer extra entwickelten Entrappungsmaschine komplett entrappt. Selbst jedes noch so kleine Stielchen wird aussortiert. In großer slawonischer Eiche ausgebaut. Der Wein wurde im Juli abgefüllt.Hier haben wir eine merklich tiefere Farbe als im Gavarini Chiniera. Auch die Nase ist ein komplett anderes Game als beim elegant verspielten Gavarini Chiniera. Hier haben wir intensive, erdige Würze. Frisch gedrehter Boden, Leder, Tabak, Zigarrenduft, Rauch, Kaminfeuer, Weihrauch, auch animalische, fleischige Aromen kommen hinzu, etwas Rost. Selbst im Mund ist hier alles eine Turboversion des feineren Nachbarn! Viele fein polierte und dennoch intensiv strukturierte Tannine. Wow, da ist unendlich viel Druck drauf. Dichte, auch getrocknete Pflaumen, Waldboden, Torf, Teer, Lakritz und wieder Leder und abgehangenes Fleisch. Hier haben wir solch enorme Würze, die mit fabelhafter Frische ausgeglichen wird. Die Balance ist einfach wunderbar und eines der Kennzeichen des Jahrgangs. Hier brauchen wir einige Jahre im Keller, bis der Wein in sein erstes Trinkfenster kommt, im Idealfall mindestens 10 Jahre. Gianluca Grasso empfiehlt sogar 15 Jahre. Der Casa Mate ist eine Explosion im Glas.
Der Jahrgang 2020 ist der Mittlere einer Trilogie herausragender, großer Jahrgänge im Piemont. Im Weinberg waren die Konditionen des Bilderbuch-Jahrgangs absolut perfekt. Während der Wachstumsperiode wurden die Reben mit ausreichend Regen versorgt, die Temperaturen waren im Sommer warm und ausgeglichen, ohne Hitzespitzen. Ab September sorgten die kühlen Nachttemperaturen für das langsame, gleichmäßige Ausreifen der Trauben – also hervorragende Voraussetzungen. Wenn man den Jahrgang mit nur einem Wort beschreiben müsste, wäre es »Balance«. Die besten 2020er Nebbiolo Weine sind mit unendlich dichter, manchmal beinahe überwältigend intensiver, umwerfend attraktiver, saftiger, vibrierender, roter Frucht ausgestattet. Sie haben viele, dafür aber unendlich feine, rund polierte Tannine, die harmonisch in diese opulente »Fruchtwelle« integriert sind, ihre rassige Säure verleiht den Weinen neben diesem Tanningerüst zusätzlich ein vielversprechendes Reifepotential. Ob ihrer reifen Frucht werden die 2020er Baroli und Barbaresci dennoch vor den noch intensiver und klassischer strukturierten 2019ern und auf jeden Fall vor den 2016ern in ihr Trinkfenster kommen. Das Barolo Consortium vergleicht 2020 mit dem Jahrhundertjahrgang 2016, aber die Weine haben genuss-technisch sogar noch mehr auf dem Kasten, denn sie erreichen eine traumhafte Kombination aus der ultra-hedonistischen Frucht des Jahrgangs 2018 mit der phänomenalen, klassischen Struktur des Jahrgangs 2019. 2020 ist also »The best of both worlds«.