Lobenberg: Hermitage La Chapelle ist DIE Legende der Nordrhône. Seit der Übernahme durch die französisch-schweizerische Familie Frey, genauer gesagt Tochter und Winzerin Caroline Frey, ist das Gut wieder auf dem Weg an die Spitze, um nicht zu sagen, dort angekommen. Zum Imperium der Freys gehört auch Ch. La Lagune 3. Grand Cru in Bordeaux, sowie Domaines im Burgund und Waadt. Allesamt werden von Caroline geführt, die als überzeugte Biodynamikerin überall für massive Qualitätsschübe gesorgt auch. Selbst der alte Robert Parker hat ihr auf La Chapelle die besten Weine der neueren Zeit attestiert. Kleine Erträge, Biodynamie total, sehr viel mehr Handarbeit als früher auf den 21 Hektar alter Reben der Domaine. La Chapelle stammt aus Le Meal und Les Bessards aus dem Herzstück des Hermitage-Berges, direkt unterhalb der Kapelle gelegen. 2022 war an der Rhône und speziell an der kühleren Nordrhône das Jahr der Jahre, ein irre opulenter, samtig-dichter, aber zugleich wahnsinnig eleganter Syrah-Stoff vom Feinsten. Vielleicht die Wiedergeburt eines moderneren, reiferen 1978 oder 1990. Sehr komplexes, reiches, überwältigend dichtes Nasenbild mit Zedernholz, feiner Lakritze, Valrhona-Schokolade und dunkelroten Waldbeeren. Ganz entfernt schwingen auch Sandelholz, Holzkohle und Orangenschalen mit. Dazu immer wieder dunkles Gestein und Anflüge von feinem, eher weißem Pfeffer und frisch aufgewühlter Erde. Was für eine irre Komplexität! Die Tannine sind reichlich vorhanden, tapezieren den Mundraum mit beeriger Wärme, mit kräuteriger Würze und einer fast vulkanisch wirkenden, dunklen Mineralität. Dann kommt saftige Blutorange im Finale und spült die üppigen Tannine in großer Frische davon – und man merkt sofort, dass man im Herzen des besten Weinberges ist, weil die opulente Reife von dieser grandiosen, salzigen Mineralität abgepuffert wird und nie in die Breite geht. Die Quintessenz der Nordrhône in einem perfekten Feinschliff. Fraglos kann man schmecken, warum Caroline Frey als eines der größten Winzerin-Talente gehandelt wird. So fein, so poliert, so charmant ist Hermitage nur in den Händen der besten Winzer wie Chave, Chapoutier oder Ferraton… und eben auch wieder auf La Chapelle. Toller Wein, weil er trotz seiner Feinheit auch den kernigen, bissigen Charakter der Syrah behält und nicht nur weichgespült ist.
Der Jahrgang 2022 ist ein multikomplexer, kontrastreicher, heterogener und ganz und gar ungewöhnlicher Jahrgang - offensichtliche Folgen des Klimawandels? Die Rhone hat in den letzten zwei Jahren somit zwei extreme, paradoxe und diametral entgegengesetzte Jahrgänge erlebt. 2021 war frostig, kühl und regenreich, klassisch aufregendes cool-climate. 2022 war dagegen viel zu trocken und extrem sonnig. Dieser schnelle Wechsel macht etwas ratlos und 2022 stellt sogar die Zukunft mancher Weinberge dauerhaft in Frage. Der schon jetzt zu einem der besten Jahrgänge des letzten Jahrzehnts erklärte Jahrgang 2022, den manche gar mit 1978 vergleichen, hält zwar im Norden wunderbare, ja grandiose Überraschungen bereit, aber im Süden durchaus auch einige herbe Enttäuschungen. Die Widerstandsfähigkeit der Reben angesichts der klimatischen Extremsituationen erstaunt dennoch! Die mehr oder weniger intensiven Regenfälle Mitte August und September retteten dann die Weinberge und Regionen, in denen der Punkt ohne Wiederkehr durch Wasserstress noch nicht erreicht war, manchmal aber war es zu spät. 2022 ist somit durch sehr starke Heterogenität zwischen und auch innerhalb der Appellationen gekennzeichnet, grandiose Schönheiten und vertrocknetes, unreifes Elend liegen oft nah beieinander, alles hing am seidenen Faden. Unsere Verkostungen bei den Erzeugern und unsere akribische Auswahl hat in diesem Jahrgang 2022 noch mehr Bedeutung als je zuvor.Südliche Rhone:Wider Erwarten sind die Weißen harmonisch, aromatisch und nicht fett und alkoholisch, es gibt viele großartige Erfolge. Erstaunlich und superb! Die Qualität der Roten ist deutlich heterogener. Unbalanciertheit, Disharmonie, spröde und harte Tannine und mangelnde phenolische Reife findet man in vielen jungen Reben. Nur sehr alte Reben mit minimalen Erträgen und tiefem Wurzelwerk bieten komplexe und anmutige, ja sogar ganz große Weine der historischen Extraklasse.Nördliche Rhone:Der kühlere Norden blieb von den meisten Leiden des Jahrgangs verschont. Die vollständige Reife wurde fast immer erreicht und die Alkoholgrade blieben moderat. Die Gaumen der gleichermaßen großartigen Weißen und Roten sind üppig, prall und dennoch straff. Weine mit Typizität und Stil, die Sommeliers und Restaurants gleichermaßen glücklich machen werden. Ein historisch großer Jahrgang!