Lobenberg: Ein absolutes Kuriosum aus dem südlichsten Teil des Sonnenbergs, ein uraltes Gewann namens Creutz. Eine sehr warme Lage auf Muschelkalk, mit stark erwärmbarer, leichter Lössauflage. Der letzte Weinberg, der die Flurbereinigung in diesem Örtchen „überlebt“ hat sozusagen. Die Reben sind in den 1870er Jahren gepflanzt worden und damit tatsächlich mehr als sagenhafte 140 Jahre alt und dementsprechend natürlich wurzelecht. Ein sehr kleiner Weinberg allerdings, es gibt nur 500 bis 600 Flaschen, je nach Jahrgang. Zertifiziert biologische Weinbergsarbeit. Im Jahr 2009 vom Weingut Luckert übernommen und vor der eigentlich bevorstehenden Rodung „gerettet“ quasi und dann Stück für Stück wiederaufgebaut, rekultiviert. Ab dem Jahrgang 2012 wurde dann der erste Wein daraus gefüllt. Die Nase ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert, denn einerseits wirkt sie total ausgeglichen, in sich ruhend, ganz ohne laut oder expressiv zu sein. Andererseits spannt sich da diese enorme Tiefe auf, eine innere Dichte und geballte Kraft, die sich doch so scheinbar leichtfüßig und zart entfaltet. Mit was ist das vergleichbar? Ziereisens Gutedel 10hoch4 kommt in den Sinn, mit einer ähnlich eleganten, aber vor Extrakt und Dichte strotzenden Ausstrahlung. Vielleicht ein Schlehdorn von Kühns. Aber dann wird es auch schon eng mit den Vergleichen. Eine distinktive Würze umgibt die Nase, ganz feine Muskatanklänge, Nelke, es steht kein bemerkenswerter Fruchtausdruck im Vordergrund. Viel eher wirkt die Nase wie aus einem Guss, gleichförmig, stromlinienartig, sehr nobel. Im Mund bestätigt sich dann die unglaubliche Dichte, die die Nase hat anklingen lassen. Engmaschig, feinst verwoben und doch mehrdimensional und einnehmend kleidet der Creutz den Gaumen aus mit einem Schleier aus hellem Samt. Sehr feinkörnige, zarte Phenole umspielen den immens tiefen, vielschichtigen Kern aus reinster weißer Frucht, heller Kalksteinmineralik, wie feinster Kreideabrieb. Zarte Zitrusanklänge, weißer Pfirsich, Netzmelone, Anis und weiße Blüten. Das Ganze wird getragen von feiner Salzigkeit und einer phänomenalen, ruhigen Säurespur, die den Sylvaner niemals fett oder üppig erscheinen lassen, trotz seiner unbändigen inneren Kraft und Dichte. Reminiszenz an weißen Hermitage, an Condrieu sind hier durchaus nicht verkehrt, ob dieser seidigen Textur und der wahnsinnigen Tiefe des Extrakts. Große Länge, große Erhabenheit und Ruhseeligkeit. Dieser Wein ist ein strukturelles Ereignis – kann das ein Sylvaner sein? Was die 140 jährigen Reben hier in ihre kleinen Beeren extrahieren ist schon bemerkenswert und was dann im Luckert’schen Keller daraus heranreift braucht keinen internationalen Vergleich zu scheuen. Hier tritt die Rebsorte völlig hinter der Strahlkraft dieses alten Weinberges zurück. Beeindruckend. 100/100