Lobenberg: Tour Saint Christophe besteht 2021 aus 80 Prozent Merlot und 20 Prozent Cabernet Franc. Der Alkoholgehalt liegt bei 13,6 Volumenprozent, der pH-Wert bei 3,5. In 2021 gab es einen durchschnittlichen Ertrag von 35 Hektolitern pro Hektar. Ausbau zu 40 Prozent im neuen Holz. Insgesamt gibt es 75.000 Flaschen. Die Nase ist so typisch Saint-Émilion wie man sich das nur vorstellen kann. Hohe Intensität an schwarzer Frucht, sehr dicht. Von der Merlot hätte man vielleicht etwas mehr rote Kirsche erwartet, es ist fast nur schwarze Kirsche, dazu Maulbeere und Blaubeere. Sehr satt, sehr reich, wie ein samtiger dunkler Teppich schiebt der Wein in die Nase. Lakritze auch im Mund, dann reiche, dichte, dunkle Schokolade, gefolgt von Schwarzkirsche, Maulbeere und Brombeere. Unglaublich viel Schub. Ich hätte 2021 deutlich zarter erwartet, aber der Wein hat von allem viel, er ist reich und opulent. Hochintensives, reichliches, üppiges, aber samtiges, fleischiges Tannin. Es gab hier weder Frost- noch Mehltauschäden, sodass es letztlich keinerlei Abstriche gab. Ein Maul voll Wein, mit langem, salzigem Nachhall vom kreidig-kalkigen Boden. Das Salz schwingt noch für eine Minute zusammen mit der schwarzen Kirsche wieder hoch. Sehr hochmoderner Saint-Émilion, archetypisch, lang, dicht und viel. 95-97/100 *** Tour Saint Christophe ist das erste Weingut und auch das Paradeweingut von Herrn Kwok, einem Investor aus Hongkong, der sich in Bordeaux Stück für Stück ein Imperium zusammengekauft hat. Allerdings geht es nur um absolute Topqualität. Das Team rund um den Regisseur Jean-Christophe Meyrou und den Önologen Jérôme Aguirre, die zuvor Château Le Gay und Château La Violette aus der Taufe in den Olymp gehoben haben, setzt mit voller Konsequenz auf Qualität. Das ist schon ein Extremisten-Team. Château Tour Saint Christophe ist mit das Spannendste, das es an Terroirs in Saint-Émilion gibt. So wie es an der Südseite, an der Côte Pavie, mit Château Pavie, Coutet und Bellefont-Belcier großartige Weingüter gibt, so liegt oben auf dem Plateau von Saint-Émilion in Richtung Castillon dieses Weingut auf komplettem Kalkstein mit leichter Lehmauflage. Terrassenförmig in den Kalkstein gewachsen und das Ganze dann nochmal als Amphitheater ausgebildet. Biologische Weinbergsarbeit, ohne Zertifizierung. Extreme Dichtpflanzung mit Erträgen von circa einem halben Kilo pro Stock. Die Fermentation findet komplett ohne Schwefel in Barriques und in Betontanks statt. Der Ausbau dann komplett in Barriques, davon 40 Prozent neu, der Rest gebrauchtes Holz. Die Kalksteinterrassen sind in Süd-Südwestexposition und liegen direkt vis à vis Château Barde Haut. Aber eben mit der besseren Exposition. Die Weine verbleiben schwefelfrei bis kurz vor der Flaschenfüllung. ***Wie in den meisten Regionen Europas lautet der Tenor auch in Bordeaux »2021 - zurück zur Klassik!«. Nach mehreren warmen Jahren in Folge kommt 2021 hier mit genialer kühler Eleganz und niedrigen Alkoholwerten um die Ecke. Sehr schick, fein, dabei aber auch so spannungsgeladen – ein absolutes Traumjahr für Finesse-Trinker. Die Weine zeigen viel aromatischen Fruchtdruck bei wirklich reifer Tanninstruktur durch die längere Vegetationsperiode. Ein großes Aufatmen unter allen Winzern, denn das Ergebnis ist quasi die Entschädigung für die harte Arbeit im Weinberg, die die Natur von Anfang bis Ende des Jahres von allen Beteiligten abverlangt hat. Hohe Niederschläge zu Beginn des Jahres, was gleichzeitig aber auch ein Segen für die trockenen Böden war. Dann nochmal ein Temperaturtief im April, schon nach dem Austrieb. Das Bordelais hat es aber nicht ganz so hart getroffen, die Frostschäden waren hier im Mittel nicht so verheerend wie in anderen Teilen Frankreichs, deshalb sind die Erträge insgesamt doch noch zufriedenstellend. Der Merlot ist außerordentlich edel, mit bemerkenswert konzentrierter Frucht, während der Cabernet unglaublich intensiv und frisch ist, was dem Jahrgang große Eleganz verleiht. Vielleicht in einer Reihe mit 2008, 2012 und 2014 mit seinen jung schon so verführerisch zugänglichen Weinen, die aber auch noch eine lange Zukunft vor sich haben.