Lobenberg: Das Weingut von Francois Mitjaville an der Südkante Saint-Emilions liegt in Amphitheater-Form auf purem Kalkstein. Der Wein des Großmeisters der Fruchtexpression und Feinheit. Immer einer der besten Saint-Emilion-Produzenten der letzten Jahrzehnte. Wenn einer mit Terroir und Klima umgehen kann, dann Francois. Nie gegen das Jahr vinifiziert, sein Wein schmeckt immer zu 100 % wie der Jahrgang. 80 % Merlot, 20 % Cabernet Franc ist das Verhältnis hier auf der Tertre Roteboeuf. Francois Mitjaville ist ein absoluter Verfechter der reifen Frucht. Aber niemals der Überreife. Sein Terroir auf reinem Kalkstein ist so perfekt, dass er, obwohl er erst Mitte Oktober erntet, also viel später als andere Winzer, nie überreife Frucht im Keller hat. Hohe Reife trifft auf hohe Aromatik und fantastische Frische. Ebenso ist er der Großmeister der Laubarbeit, um die Photosynthese immer auf Volldampf zu halten. Hier auf Tertre Roteboeuf entsteht im Grunde das, was der Charakter von Bordeaux ist. Im Grunde der Stil der französischen Kaiser. Üppig, reichlich, großzügig. Im Gegensatz dazu die neuen, jungen, wilden Winzer aus der Biodynamie, die versuchen, sehr früh zu ernten und die im Grunde gar nicht den typischen Bordeaux-Stil produzieren, sondern in Richtung Burgund und Loire tendieren. Auch das ist großartig, aber nach Francois’ Meinung nicht unbedingt dem entsprechend, was Bordeaux eigentlich ausmacht. Das Besondere an Tertre Roteboeuf ist auch die Art des Barriqueausbaus, welche identisch ist auf Roc de Cambes sowie Domaine de Cambes. Jedes Jahr zu 100% neues Holz. Es kommt von Radoux. Die Fässer werden sehr heiß und sehr lange getoastet, obwohl man bei Francois niemals Holz schmeckt. Der Sinn der Sache ist, das Holz von innen bis zu 3 Millimeter tief zu durchdringen, um die grünen Elemente der Eiche zu eliminieren. Das geht nur, wenn man heißer und länger toastet. Das Ungewöhnlichste daran ist, dass das Holz kaum spürbar ist. Das liegt an der intensiven Frucht sowie der hohen Frische die Francois hier bewahrt. Dass alle Weine hier zuvor spontan vergoren wurden, ist natürlich klar. Die Vergärung geschieht im Zementtank. Francois Mitjaville entrappt zu 100%. Es gab auf Tertre Roteboeuf 2017 keinerlei Frostschäden. Die Nase ist geprägt von deutlichen Wachholder- und Lorbeer-Noten. Auch Holunder. Das Ganze auf schwarzer, würziger Frucht, aber immer alles sehr fein, schwebend bleibend. Blumige Noten: Veilchen, Rosenblätter, Flieder. Aber die Würze dominiert auf jeden Fall. Es ist ein bisschen wie in der Provence. Durch Unterholz laufend. Auch der Mund sehr würzig. Wir haben einen völlig anderen Charakter 2017, als 2016. Eine leichte Strenge. Auch hier wieder Lorbeer. Der Wein ist zwar reif, hat aber durchaus Garrigue-Noten. Erinnert an würzige Provence. Langedoc, Roussillion in seiner Krautwürzigkeit, die ich in den letzten Jahren noch nie so deutlich erlebt habe wie im Jahr 2017. Dazu kommt eine hohe mineralische Länge. Die Salzigkeit ist relativ ausgewogen, aber die leicht bittere Krautwürze verhallt erst nach Minuten. Ein sehr eigenwilliger Tertre Roteboeuf. Sehr eigenständiger Stil und in der Reihe der letzten Jahre sicherlich auch ein Unikat. Keine Ahnung, warum 2017 sich so anders präsentiert als 2016 und 2015. Aber ein sehr spezieller Stoff ist es allemal. 97/100