Lobenberg: Das Weingut von Francois Mitjavile an der Südkante Saint Emilions liegt in Amphitheater-Form auf purem Kalkstein. Der Wein des Großmeisters der Fruchtexpression und Feinheit. Immer einer der besten Saint Emilion Produzenten der letzten Jahrzehnte. Wenn einer mit Terroir und Klima umgehen kann, dann Francois. Nie gegen das Jahr vinifiziert, sein Wein schmeckt immer zu 100% wie der Jahrgang. 80% Merlot, 20% Cabernet Franc ist das Verhältnis hier auf der Tertre Roteboeuf. Francois Mitjavile ist ein absoluter Verfechter der reifen Frucht. Aber niemals der Überreife. Sein Terroir auf reinem Kalkstein ist so perfekt, dass er, obwohl er erst Mitte Oktober erntet, also viel später als andere Winzer in 2016, nie überreife Frucht im Keller hat. Hohe Reife trifft auf hohe Aromatik und fantastischer Frische. Ebenso ist er der Großmeister der Laubarbeit, um die Photosynthese immer auf Volldampf zu halten. Hier auf Tertre Roteboeuf entsteht im Grunde das, was der Charakter von Bordeaux ist. Im Grunde der Stil der französischen Kaiser. Üppig, reichlich, großzügig. Im Gegensatz dazu die neuen, jungen, wilden Winzer aus der Biodynamie, die versuchen sehr früh zu ernten und die im Grunde gar nicht den typischen Bordeaux Stil produzieren, sondern in Richtung Burgund und Loire tendieren. Auch das ist großartig, aber nach Francois Meinung nicht unbedingt dem entsprechend, was Bordeaux eigentlich ausmacht. Das Besondere an Tertre Roteboeuf ist auch die Art des Barriqueausbaus, welche identisch ist auf Roc de Cambes sowie Domaine de Cambes. Jedes Jahr zu 100% neues Holz. Es kommt von Radoux. Die Fässer werden sehr heiß und sehr lange getoastet, obwohl man bei Francois niemals Holz schmeckt. Der Sinn der Sache ist, das Holz von innen bis zu 3 Millimeter tief zu durchdringen um die grünen Elemente der Eiche zu eliminieren. Das geht nur, wenn man heißer und länger toastet. Das Ungewöhnlichste daran ist, dass das Holz kaum spürbar ist. Das liegt an der intensiven Frucht sowie der hohen Frische die Francois hier bewahrt. Das alle Weine hier zuvor spontan vergoren wurden, ist natürlich klar. Die Vergärung geschieht im Zementtank. Francois Mitjavile entrappt zu 100%. Die Nase des 2016er Tertre Roteboeuf lockt ein leicht verblüfftes, ungläubiges, aber sehr freudiges Lächeln hervor. Was ist das schön. Das ist eine Traumnase und macht so viel Freude. Da ist sofort alles da, es zeigt dieses Potpourri von intensiver Frucht. Aber hier, ganz klar anders als bei Domaine de Cambes, ist die Cabernet Franc nicht die einzige Dominante. Wir haben so viel schwarze Kirsche, Brombeere, Maulbeere. Aber niemals marmeladig, niemals übersüß. Ganz fein gezogen. Darunter diese rote, reife Himbeere, aber total verwoben. So viel Schmelz schon in der Nase zeigend. Der Mund verblüfft dann weniger durch seine feine ätherische Leichtigkeit, sondern eher durch seinen richtig gut strukturierten Grip. Tanninmassen schieben in den Mund und sind doch sehr weich und reif. Hohe Mineralität. Eine salzige Spur auf der Zunge. Die Zungenkanten werden belegt. Der Nachhall ist für Minuten andauernd. Dieser Wein ist total zugänglich und braucht meiner Meinung nach doch viel länger, um sich in Topform zu zeigen, das ist auch schon ein Monster in Struktur. Ich würde ihn entsprechend erst ein paar Jahre weglegen, so 10-15 :-) . Er ist noch eine Spur besser als der sensationelle 2010 und 2015 in seiner Intensität, in seiner Feinheit, in seiner unglaublichen schwebenden Erhabenheit. Das ist ein großer Tertre Roteboeuf, wie ich ihn sehr selten probiert habe. Ganz großes Kino. 100/100