Lobenberg: Francois Mitjaville ist fast immer einer meiner Hauptinformanten für die Besonderheiten des Jahrgangs. Er empfand 2009 als langweilig, das Wetter war perfekt, seine Kunstfertigkeit zur Qualitätssicherung war nicht gefragt, in seiner Historie gab es das so noch nie. Genug Regen im Frühjahr, trockenes Wetter in der Blüte, warmer und nicht so heißer Sommer, große Temperaturunterschiede von Tag und Nacht, warmer trockender Herbst ohne Trockenstress von zu großer Hitze...gähn... Ein seiner Meinung nach perfekter Wein der Natur, selbst weniger talentierte Winzer hätten auf Tertre Roteboeuf einen großen Wein machen können. Nun ja, der Mann hat Probleme! 80% Merlot, 20% Cabernet Franc. Schwarzrubin. Sehr früh gelesen, schon Anfang Oktober war eine perfekte Reife erreicht, die Frische sollte bewahrt werden. Sehr langsame alkoholische Gärung von Merlot und Cabernet (ist hier immer so, der finale Blend besteht gleich zu Beginn) zusammen, und mit natürlichen Hefen, es blubberte bis in den März. In der Nase frische, aber hochintensive Amarenakirsche mit Brombeere, viel Kaffee, Blaubeere, Creme de Cassis, Graphit, konzentrierter Kakao, kubanische Zigarrenkiste, eingekochte, dunkle Waldbeeren, viel Druck und vibrierende Länge in der Nase. Berauschend wie Burgund! Im Mund setzt sich diese Konzentration nahtlos fort, für dieses Chateau ungemein wuchtig, tolle, lebendige Säure, extreme Mengen butterweichen Tannins und Extrakte. Der Winzer sagt wiederholt, einen solchen Wein noch nie gemacht zu haben und wir schütteln nur noch ungläubig den Kopf, wenn er wieder von langweiliger Arbeit spricht. Intensiver und aromatischer als der sich in der sofortigen Nachverkostung großartig präsentierende 2008er, den 2005er (Vergleichsflasche direkt im Keller geöffnet, nicht schlecht!) überfliegt er auch noch. Jeder mag für sich entscheiden, ob er die Perfektion der Finesse und Spannung ganz leichter Unvollkommenheit der Jahre 2008 und 2005 vorzieht. Als Verkoster ist man geplättet und irgendwann versteht man Mitjaville, wenn er von einem langweiligen Wein spricht, der in so perfektem Süß-Säure-Spiel auf seinem seidig, samtigen, hochkonzentrierten Tannin-Brombeer-Cassis-Teppich dahingleitet. 100/100