Lobenberg: Das ehemalige Cru Bourgeois Château Poujeaux war über einen ganz langen Zeitraum hinweg eines der führenden Cru Bourgeois in Moulis und im Medoc überhaupt. Aus Protest über die Neuklassifizierung in Cru Bourgeois Exceptionnel, Supérieur und in einfache Cru Bourgeois, ist man dieser Vereinigung nicht mehr beigetreten. Es heißt jetzt also nur noch Château Poujeaux. Es ist aber eines der ältesten Weingüter in Bordeaux, es existiert urkundlich bereits seit 1544. Die Appellation Moulis ist in warmen Jahren ganz hervorragend und ähnelt dann (aber nur dann) sehr der Nachbarappellation Margaux. In kühlen und feuchten Jahren kann Moulis schon auch sehr spröde und grün sein. Aber seit 2015 ist das kein Thema, denn alle Jahre waren warm und brachten volle Reife hervor. Das Weingut umfasst 70 Hektar, die Böden bestehen hier aus Kies und Sand. Also die klassische Mischung aller Cru-Lagen des linken Ufers. Dichtpflanzung von 10.000 Stöcken pro Hektar, damit der Ertrag pro Pflanze auf ein halbes Kilo gesenkt werden kann. Das Durchschnittsalter der Reben liegt bei 30 Jahren. Berater ist niemand geringeres als der Superstar des Rechten Ufers, Stéphane Derenoncourt, der viele Bio-Weingüter und einige Superstars Saint Emilions und Pessacs betreut. Das Weingut gehört seit einigen Jahren Philippe Cuvelier, sein Sohn Mathieu betreut es als Direktor. Poujeaux hatte einige Jahre einen Durchhänger, ist aber seit 2015/2016 – noch viel mehr mit 2018 und 2019 – wieder in der Spitze der Appellation angelangt und kann durchaus im Bereich der klassifizierten Weine der Nachbarappellation Margaux mitschwimmen. Die 2019er Ernte fand von Ende September bis zum 14. Oktober statt. Es erfolgt eine spontane Vergärung im Edelstahl, im Holz und auch im Beton. Alles temperaturgesteuert. Keine scharfe Extraktion, nur vorsichtiges Überpumpen. 25 Tage Vergärdauer. Dann der Ausbau im Barrique, ein Drittel Neuholz, zwei Drittel gebrauchtes Holz, teilweise auch Tonneau. Der Alkoholgehalt beträgt 14 Volumenprozent, der pH-Wert liegt bei 3,8. Knapp unter 50 Hektoliter Ertrag pro Hektar, was bei der hohen Pflanzdichte auf circa 500 Gramm Trauben pro Stock hinausläuft. Deutliche Veilchen- und Schokonase in einer tief rubinroten, mit schwarzen Reflexen versehen Farbe. Fein mit Wacholder unterlegt, Lavendel und sehr viel Veilchen. Lakritze, auch viel Holunder, Rosmarin, Estragon. Sehr würzige und üppige, gleichzeitig frische Nase. Fast an Schiefer erinnernd, Grafit. Toller frischer Mund mit einer wunderbaren Schärfe wie von Pimentpfeffer und schwarzem Pfeffer. Wieder dieses relativ deutliche Grafit wie vom Schiefer. Die Zunge rollt sich etwas, die Schärfe und die Frische sind sehr präsent. Hintenraus dann Schwarzkirsche, etwas Brombeere, Cassis, viel Eukalyptus und Minze. Auch wieder – wie in der Nase schon – Holunder. Sehr kompakter, strukturierter Stoff mit einem großen Oszillographen. Die Tannine sind seidig, aber deutlich präsent. Der Wein ist komplett reif und gleichzeitig total frisch und mineralisch. Poujeaux ist etwas schlanker strukturiert, focussierter als vergleichbare Weine aus Margaux. Er ist geradliniger, definierter, was mit aber extrem gut gefällt. Es ist einer der besten oder gar der beste Poujeaux, den ich bisher probiert habe. Das Château ist ganz sicher wieder in der Spur der großen Jahre und mit Stéphane Derenoncourt auf der Überholspur. Was für ein wunderbares Jahr für Poujeaux! Deutlich drei Punkte über dem 2018er. Wenn der Preis passt, ist das eine sichere Empfehlung. 96+/100