Lobenberg: Das Terroir liegt nahe an Château Latour (Die Comtesse hat ihre Weinberge eher Richtung Saint-Julien), der maskuline Stil resultiert auch daher. Außerdem das Schwesterweingut von Lynch Bages, gleiche Besitzverhältnisse. In Bordeaux gab es 2020 eine unglaubliche Regenmenge im Frühjahr. Während der frühen, aber perfekten Blüte, blieb es zwei Wochen lang trocken, direkt danach gab es wieder Regenfälle. Von Mitte Juni bis Mitte August fiel dann allerdings kein einziger Tropfen Regen mehr. Bei Sandböden war das ein Desaster – die Reben bekamen Trockenstress. Bei Lehmböden, wie wir sie in den besten Lagen des Médoc und Pomerol haben, oder auf reinem Kalkstein, wie oft in Saint-Émilion, war das überhaupt kein Problem. Am linken Ufer fielen dann Mitte August circa 80 Millimeter Regen. Ende August nochmal 15 Millimeter. Danach war es den ganzen September über trocken. Also ziemlich perfekte Bedingungen für hervorragendes Terroir, perfekte Bedingungen für hohe Reife und satte Tanninwerte, bei recht moderater Säure. Pichon Baron hat 2020 eine extrem saubere, gleichwohl komplexe, schwarzfruchtige Nase. Nichts Ausuferndes, nichts Grünes, nichts Flatterhaftes. Einfach nur schwarzer Schub, immer geradeaus. Mit der Zeit kann man Veilchen, Schwarzkirsche, Cassis und Brombeere entziffern. Auch schwarze Üppigkeit, Wacholder und ein bisschen Weihrauch. Das hat schon ziemlich viel Druck und Schub. Auch im Mund immer geradeaus – Schub, Schub, Schub. Ob das jetzt megakomplex ist oder megafein, kann ich noch nicht mal sagen. Ich kann nur sagen, dass es angenehm ist. Es ist reichhaltig, floral, fruchtintensiv, lakritzig. Gar nicht mal fett, es hat Feinheit. Langsam schält sich auch ein bisschen gelbe Frucht raus, Mango und Orangenzesten. Ich werde ein bisschen erschlagen von diesem Wein, trotzdem ist es ein großer Wein. Nicht so extrem fein wie Pichon Comtesse, weil er einfach nicht so klassisch ist. Aber ein superber Stoff und ein kleiner Riese allemal. 97-100/100