Lobenberg: Der Ire Frank Phélan vereinte Anfang des 19. Jahrhunderts die beiden bis dahin unabhängigen Güter „Clos de Garramey“ und „Château Ségur“ zu einem Anwesen, dem malerisch gelegenen Château Phélan Ségur. Das Anwesen umfasst 70 Hektar Weinberge. Die Reben sind im Durchschnitt 35 Jahre alt. Phélan Ségur hat in den letzten 10 Jahren unheimlich viel in die Weinberge investiert. Michel Rolland ist hier Consultant, was dazu führt, dass im Weingut mehr auf die Reife gesetzt wird. Diese Reife erreicht man allerdings nicht ohne eine dichtere Pflanzung und mehr biologische Weinbergsarbeit. Auch wird selbstverständlich per Hand gelesen. Die Beeren werden komplett entrappt und nochmals mit einer optischen Laser-Sortiermaschine nachsortiert. Nur die wirklich reifen Beeren kommen letztlich in die Gärung. Der Ertrag pro Pflanze sinkt von Jahr zu Jahr. Spontane Fermentation, kaum Presswein, überwiegend Free Run Juice. Der Ausbau auch in größeren Fässern und in Beton. Phélan Ségur hat als Regisseurin die aus der Champagner-Branche bekannte Veronique Dausse mit im Boot. Sie ist eine wirklich qualitätsversessene Person. Parzellen, die nicht der Perfektion entsprechen, gehen in Zweit- und Drittweine. Phélan Ségur ist seit Jahren der engste Verfolger von Calon Ségur, zusammen mit Le Boscq und Meyney, aber meistens noch vor diesen beiden. In Bordeaux gab es 2020 eine unglaubliche Regenmenge im Frühjahr. Während der frühen, aber perfekten Blüte, blieb es zwei Wochen lang trocken, direkt danach gab es wieder Regenfälle. Von Mitte Juni bis Mitte August fiel dann allerdings kein einziger Tropfen Regen mehr. Bei Sandböden war das ein Desaster – die Reben bekamen Trockenstress. Bei Lehmböden, wie wir sie in den besten Lagen des Médoc und Pomerol haben, oder auf reinem Kalkstein, wie oft in Saint-Émilion, war das überhaupt kein Problem. Am linken Ufer fielen dann Mitte August circa 80 Millimeter Regen. Ende August nochmal 15 Millimeter. Danach war es den ganzen September über trocken. Also ziemlich perfekte Bedingungen für hervorragendes Terroir, perfekte Bedingungen für hohe Reife und satte Tanninwerte, bei recht moderater Säure. Phélan Ségur ist seit Jahren in einem so starken Aufstieg. Seit Veronique Dausse die Geschicke dieses Weinguts leitet und man im Weinberg und im Keller extrem selektiv vorgeht. All diese Arbeiten merkt man extrem. Zusätzlich kommt dazu, dass die Reben auf Phélan Ségur durch den Lehmanteil im Boden auch in trockenen Zeiten gut mit Wasser versorgt werden können. Auch die Flussnähe spielt hier eine wichtige Rolle. In nassen Jahren der 80er war das ein Nachteil, seitdem die Jahre immer heißer und trockener werden, ist es ein extremer Vorteil, mindestens seit 2010. Wenn dann noch die akribische Arbeit in Weinberg und Keller dazukommen, ist es nicht verwunderlich, dass Phélan Ségur erster Verfolger der drei großen Calon-Ségur, Montrose und Cos ist. Der 2020er besteht aus 54 Prozent Cabernet Sauvignon, 42 Prozent Merlot, zwei Prozent Cabernet Franc und zwei Prozent Petit Verdot. Gelesen wurde vom 16. September bis zum 1. Oktober. 13,5 Volumenprozent Alkohol, pH-Wert 3,7. Unglaublich reiche, duftige, rotfruchtige Nase. Eine Nase wie Branaire-Ducru in Saint-Julien. Ein Leckerli der allerersten Reihe. Sahnige Milchschokolade, dazu helle Lakritze, Minze und Eukalyptus. Wunderbare Süße und Harmonie ausstrahlend. Der Mund ist dicht und reich, sehr komplex. Primär rote Kirsche, Schattenmorelle, langsam kommt auch ein Hauch von süßer Maulbeere. Aber alles schlank bleibend. Der Mund ist sehr verspielt und filigran. Kein fettes Teil, sondern eher moderat, eher spielerisch. Auch hier diese Ähnlichkeit zu Branaire-Ducru. Leicht schwebend, mit einem feinen Nachhall. Das ist kein fetter Blockbuster, sondern ein feines, komplexes, filigranes Wunderwerk. Nicht Calon-Ségur, Montrose oder Cos. Nein, die kann Phélan immer noch nicht ganz erreichen. Aber direkt als Verfolger nur sehr knapp dahinter. Eines der highlights des Jahrgangs und ein best ever Traumwert für ewiges Leben! 98+/100