Lobenberg: Phelan Segur hat in den letzten 10 Jahren unheimlich viel in die Weinberge investiert. Michel Rolland ist hier Consultant, was dazu führt, dass im Weingut mehr auf die Reife gesetzt wird. Dies Reife erreicht man allerdings nicht ohne eine dichtere Pflanzung und mehr biologische Weinbergsarbeit. Auch wird selbstverständlich per Hand gelesen. Die Beeren werden komplett entrappt und nochmals mit einer optischen Sortiermaschine nachsortiert. Nur die wirklich reifen Beeren kommen letztlich in die Kelter. Der Ertrag pro Pflanze sinkt von Jahr zu Jahr. Phelan Segur hat als Regisseurin, seit 10 Jahren Veronique Dausse mit im Boot. Sie kam aus der Champagne und hat hier wirklich die Hosen an. Eine wirklich qualitätsversessene Person. Weinberge, die nicht der Perfektion entsprechen, gehen in Zweit- und Drittweine. Mit 2016 ist man vielleicht das erste Mal an den direkten Mitbewerbern um die Position 4 in Saint Estèphe vorbeigezogen. Vielleicht. Für mich ist Phelan Segur 2016 zumindest eindeutig definierter, klarer, intensiver, frischer als Lafon Rochet. Dabei ist Lafon Rochet in 2016 auch besser denn je. Man wird sehen. Und Meyney ist auch ein ernsthafter Wettbewerber! Das ist eine feine Entwicklung hier oben. Cos und Montrose sind unantastbare Monumente mit klaren 100 Punkten. Calon Segur ist auch superb. Die reinen Werte des Jahrgangs sind: 49 Hektoliter pro Hektar Ertrag, hier oben gab es relativ wenig Trockenstress. Die Reben hier oben sind inzwischen auch so tief verwurzelt, dass die Feuchtigkeit im Frühjahr nicht so viel ausmachen konnte. Außerdem arbeitet man auf Phelan Segur nicht biodynamisch, so konnte man systemische Schutzmittel einsetzen. Die totale Säure ist in diesem Jahrgang 3,4, der Alkohol liegt bei 13,5%, der pH-Wert bei 3,6. Die Blend besteht aus 55% Cabernet Sauvignon und 45% Merlot. Die Nase ist eindeutig Cabernet-Sauvignon-geprägt. Lediglich die reiche, würzige, schwarzbeerige Fülle daneben, deutet auf Merlot hin. Aber der erste Angang, klar Cabernet. Reife, fast dramatische Cabernet. Singend, mit unglaublichem Spannungsbogen. So schöne Würze von der schwarzen Johannisbeere. Auch ein bisschen rote Johannisbeere darunter. Dann irgendwann kommt die Merlot mit Brombeere und mit dieser schicken Eleganz. Leichte Orangenschale, Minze, Eukalyptus. Schöne Blumigkeit: Veilchen, Jasmin. Der Mund ist so typisch für Phelan Segur. Diese so typische Saint-Estèphe-Würze wie sie in diesem Jahrgang von der zweiten Reihe (Calon Segur, Lafon, Meyney und Phelan Segur) deutlich intensiver demonstriert wird, als bei den beiden abgehobenen, super eleganten Cos und Montrose. Ein Potpourri aus schwarzer Kirsche, Johannisbeere und Brombeere. Singend, dramatisch intensiv, sehr salzig. Tolle Mineralität und gleichzeitig gute Fülle. Die Merlot rundet das Ganze fein ab. Der Wein hallt für 2 Minuten nach. Es ist ein schicker, wenngleich sehr intensiver und dramatischer Phelan Segur. Und das Gute ist, dass in diesem Jahr, was nicht häufig der Fall ist, eine komplette Reife erreicht wurde. Das war 2015 auch der Fall, aber in vielen Zwischenjahren erreichen die Saint-Estèphe-Weingüter nicht die komplette Reife und behalten einen leicht grünen Schimmer. Das ist 2016 wie gesagt nicht der Fall. Reif, frisch und trotzdem mit einer dramatischen Würze und salzigen Mineralität. Ein anspruchsvoller Wein, dem man von Anfang an anmerkt, das er ein paar Jahre in den Keller gehört. Es ist ein 2010er mit höherer Intensität, mit satterem Tannin, dass aber sehr geschliffen ist, mit höherer Säure und mehr Eleganz. Eine oberschicke Turboversion eines 2010ers, wenngleich die Superstars der Appellation nicht angegriffen werden. Aber für mich ist Phelan Segur 2016 ein Weingut auf dem weiteren Weg nach oben. 95-96+/100