Lobenberg: Das Chateau l'Etampe ist ein Saint Emilion Grand Cru Weingut mit einer Fläche von nur 1,83 Hektar Weinreben, winzig klein, alles Handarbeit mit der Handschere. Der Boden der Weinberge besteht aus hellfarbigem Quarz (Sand / Kieselerde), welcher sich schnell und gut erwärmt. Der Weinberg hat somit den Vorteil einer Bodenwärmequelle. Diese uralten Sande spielen eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung des Mineralhaushalts und der Regulierung des Wasserverbrauchs der Reben. Der von Bäumen gesäumte kleine Bach, der entlang der Weinreben fließt, kühlt die Bodenoberfläche in warmen Sommernächten wieder ab und erleichtert so den Reifeprozess. Die Reben gedeihen in diesem gemäßigten Klima, das durch die Kombination des atlantischen Ozeans mit den Flüssen Dordogne und Garonne entsteht. Regen- und Hagelwolken neigen dazu, entlang der Flusstäler zu brechen, wodurch diese Weinberge entlang des Figeac-Plateaus verschont werden. Der Weinberg wird dominiert durch Merlot, die aber durch die hier so wichtige und Cabernet Franc ergänzt wird. Die Rebstöcke sind durchschnittlich 30 Jahre alt und in einer Dichte von 5.500 Stöcken pro Hektar bepflanzt. Der Wein besteht aus 78 Prozent Merlot und 22 Prozent Cabernet Franc. Die Weinberge von L'Etampe werden nach den Prinzipien der biologisch-dynamischen Landwirtschaft kultiviert. Der Rebschnitt erfolgt nach der Doppel-Guyot Methode. Die Trauben werden von Hand gelesen, Parzelle für Parzelle in 10 kg Kisten. Die Trauben kommen vor dem Entrappen auf einen Rütteltisch und werden selektiv sortiert. Die Weine reifen dann 18 Monate in französischen Eichenfässern, von denen ein Drittel neu ist. Der Berater des Weingutes ist kein geringerer als Jean-Claude Berrouet, der frühere Winzer und Technischer Direktor von Chateau Pétrus, und sein Sohn Jean-Francois Berrouet. Der eigentlich tätige junge Winzer des Chateaus ist ein verrückter Weinfreak aus der Remy Martin Dynastie. Vergärung, Malo und Ausbau erfolgen hier komplett ohne Schwefel. Die Lage des Weinbergs ist direkt an der Abzweigung von St Émilion nach Pomerol, also im Zulauf auf Cheval Blanc und Jean Faure, vis a vis auch von Chateau Figeac. Die Voraussetzungen und die Story sind perfekt. Zumal der Besitzer, ein sehr reicher Bauunternehmer, wenig eingreift, da es ihm einfach nur um Qualität, Ruhm und Ehre geht. 2018 war ein fast großer Wein. 2019 ist noch verblüffender, weil die Nase durch die enorme Frische der kühlen Nächte im Herbst so hocharomatisch ist. Frisch Waldbeeren, rote Grütze, satte rote Frucht. Johannisbeere, Waldhimbeere, das alles konzentriert, dazu auch dunkle Walderdbeeren. Alles ist wunderbar verwoben. Reiche, dunkle Zwetschge dazu. Im Mund diese Aromatik aufgreifend. Eine wahnsinnig spannende Intensität. Aromatik mit ganz viel floralen Elementen. Von Veilchen über Rosenblätter, aber auch von Pfirsich über Nektarine bis Orange reichende Fruchtaromatiken neben den dominanten Waldhimbeeren und Walderdbeeren. Alles in Rote laufend, alles fein, edel, erhaben und tänzelnd. Vielleicht ist es eine Jahrgangstypizität, dass dieser Wein durchaus auch dem Cheval Blanc Nachbarn Château Jean Faure in dieser roten Frucht so ähnelt. Die Cabernet Franc ist zwar in der Minderheit bei L´Etampe, aber eigentlich ist sie wie bei Jean Faure die aromatische Dominante. Diese loirehaftige, süße rote Frucht und dazu kommt dieses wunderbar aromatische Spiel mit unendlicher Feinheit. Die Biodynamie spielt wahrscheinlich auch eine Rolle. Das ist kein großer Wein zum Niederknien, das ist einfach nur unendlich fein verwoben und ein aromatisches, seidig feines Wunderwerk. Und wenn man weiß, wie unglaublich günstig dieser Wein bei dieser grandiosen und eindrucksvollen Qualität ist, dann ist das einfach ein Muss-Kauf. Überhaupt die kleinen Saint-Émilion Weingüter wie Jean Faure, Coutet, Petit Gravet Ainé und Clos Saint Julien. 2019 ist da wirklich die Perfektion in Sachen Charme, Finesse und unendlicher Feinheit. Ich kann 2019 nicht ernsthaft deutlich höher bewerten als 2018, weil 2018 so unglaublich schön war. Aber 2019 bringt einen Kick mehr Frische und einen Kick mehr Rotfruchtigkeit ins salzige Finale. 98+/100