Lobenberg: 95 Prozent Merlot und fünf Prozent Malbec. Kein Cabernet Franc in 2021. Die Nase des 2021er, direkt verkostet nach dem 2020er, ist wirklich verblüffend: So unglaublich fein und weich! Und obwohl es Merlot ist und kein Cabernet Franc, zeigt die Nase so viel Himbeere und Erdbeere, so fein verwoben, abgehoben und spacig. Total filigran und vor allen Dingen so duftig. Flieder, Veilchen und Rosenblätter. Süße, ganz helle Lakritze, Milchschokolade und Nutella. Was für eine schöne Verwobenheit! Auch der Mund ist so fein, so Pomerol, aber Pomerol auf eine erdbeerige, himbeerige, weiche Art und Weise. Im Grunde durchaus mit Ähnlichkeit zu Beauregard, beide sind Nachbarn, beide haben sandiges Terroir. Nur versucht Beauregard auch in 2021, einen recht massiven Wein zu machen. La Croix widerspiegelt den kühlen Jahrgang hingegen in Perfektion. Old fashioned, super zart, super weich und total delikat. Kein großes Jahr, aber extrem hedonistisch in dieser süßen roten Frucht, in diesem wunderbar salzigen, kirschigen, himbeerigen Finale. Was für eine grandiose Ode an die Freude! Nicht zum Niederknien und hoffentlich auch preislich interessant, aber so unglaublich schick. Ein Saufwein, den man einfach aus diesem Grund haben muss. Er muss nicht für 30 Jahre in Keller, sondern kann sicherlich in den nächsten 20 Jahren in Perfektion getrunken werden. Everybody’s Darling – das kann ich garantieren. 97-98+/100Château La Croix ist ein Weingut der Familie Janoueix. Jean-Philippe Janoueix ist persönlich verantwortlich für die Weinberge und den Keller. Es ist ein winziges Weingut mitten in Catusseau, direkt neben Beauregard. Seit Ewigkeiten ein Geheimtipp. Schwer zu finden, da der Wein nicht über den Place Bordeaux läuft, sondern nur über wenige exklusive Importeure vertrieben wird. Das ist das klassische Old Fashion Weingut in Sachen Vinifikation. Aber das basiert natürlich auf dem Terroir. Früher wurden Sandböden in Pomerol verpönt, gerade in den 70ern und 80ern. In feuchten und zu kühlen Jahrgängen blieben die Weine von den Sandböden zu leicht und meist auch etwas grün. Erst im Lauf des Klimawandels stellte sich heraus, dass diese Böden hervorragend geeignet sind und sowohl grandiose Finesse hervorbringen als auch die Wärme und die Reichhaltigkeit der Jahrgänge. Die Weine von diesen Böden, wie jene von La Croix, dem Nachbar Beauregard, Château Mazeyres oder sogar Le Pin, ein in Steinwurfentfernung liegender Nachbar, bringen eine wahnsinnige Verspieltheit. Sie brauchen aber warme Jahrgänge. Seit 2015 gehören die Domaines von diesen Böden immer mehr zum Allerbesten der Appellation. Sandböden auf Kalkstein, so gut wie kein Lehm, nur etwas, aber kein schwerer Lehm. Der Wein wird klassisch im Zement spontan vergoren. Nach der Gärung bleibt der Wein noch drei Wochen auf den Schalen. Der Ausbau geschieht nur zum Teil in neuem Holz, seit 2015 überwiegend in Stockinger Holzfässern von 1500 bis 2500 Litern, um weiter vom Holzeinfluss wegzugehen. Nur ganz vorsichtiges Pumpover während der Vergärung. Ab 2017 trat der neue Önologe in das Weingut ein, der zuvor auf Clinet sieben Jahre lang verantwortlich war. Ein ausgewiesener Großmeister der Finesse, was natürlich für La Croix perfekt passt. Das Weingut wird immer noch von den Eltern von Jean-Philippe bewohnt. Sie nehmen auch nach wie vor Einfluss auf die Vinifikation. La Croix ist ein fast reinsortiger Merlot, der allerdings teilweise bis zu fünf Prozent Malbec dabeihat.Wie in den meisten Regionen Europas lautet der Tenor auch in Bordeaux »2021 - zurück zur Klassik!«. Nach mehreren warmen Jahren in Folge kommt 2021 hier mit genialer kühler Eleganz und niedrigen Alkoholwerten um die Ecke. Sehr schick, fein, dabei aber auch so spannungsgeladen – ein absolutes Traumjahr für Finesse-Trinker. Die Weine zeigen viel aromatischen Fruchtdruck bei wirklich reifer Tanninstruktur durch die längere Vegetationsperiode. Ein großes Aufatmen unter allen Winzern, denn das Ergebnis ist quasi die Entschädigung für die harte Arbeit im Weinberg, die die Natur von Anfang bis Ende des Jahres von allen Beteiligten abverlangt hat. Hohe Niederschläge zu Beginn des Jahres, was gleichzeitig aber auch ein Segen für die trockenen Böden war. Dann nochmal ein Temperaturtief im April, schon nach dem Austrieb. Das Bordelais hat es aber nicht ganz so hart getroffen, die Frostschäden waren hier im Mittel nicht so verheerend wie in anderen Teilen Frankreichs, deshalb sind die Erträge insgesamt doch noch zufriedenstellend. Der Merlot ist außerordentlich edel, mit bemerkenswert konzentrierter Frucht, während der Cabernet unglaublich intensiv und frisch ist, was dem Jahrgang große Eleganz verleiht. Vielleicht in einer Reihe mit 2008, 2012 und 2014 mit seinen jung schon so verführerisch zugänglichen Weinen, die aber auch noch eine lange Zukunft vor sich haben.