Lobenberg: Ein winziger Weinberg von einem Hektar, direkt neben Château Le Pin gelegen. 100 Prozent Merlot. In 2020 mit 14,5 Volumenprozent Alkohol. Blauer Lehm und Kies als Terroir. Biologische Weinbergsbearbeitung, Begrünung. 100 Prozent Ausbau im neuen Barrique. Der Wein wird bis zur Flaschenfüllung überhaupt nicht geschwefelt. Er wird vollständig entrappt, der Ausbau findet im neuen Barrique statt. Der Ertrag lag 2020 bei nur 30 Hektolitern pro Hektar. Von diesem ultrararen Wein gibt es nur 2.400 Flaschen. Bei extremer Dichtpflanzung ist der Ertrag pro Pflanze extrem gering. Der Weinberg besteht in Summe aus drei kleinen Plots, nur die Plots mit Lehmböden wurden 2020 verwendet. Ein Plot liegt direkt neben Le Pin an der Grenze zu Château Trotanoy. Der nächste liegt direkt neben Château La Fleur Pétrus und der letzte neben Château Le Gay. Also drei winzige Flecken auf den besten Terroirs von Pomerol. Eigentlich unbezahlbare Terroirs, aber der sehr wohlhabende Peter Kwok aus Hongkong hat einfach mehr investiert als Le Pin und die anderen Interessenten. Alle umliegenden Châteaus hatten versucht, diese Terroirs zu kaufen, aber gegen das Geld von Kwok ist kein richtiges Kraut gewachsen. Der Ansatz war, mit dem genialen Team von JC Meyrou als Regisseur und dem Winemaker Jérôme Aguirre, der von le Gay und La Violett bekannt ist, einen Pétrus- oder Le Pin-Konkurrenten zu schaffen, koste es, was es wolle. Die Nase des 2020er ist eine dichte Wolke an Veilchen, Lakritz, schwarzer Kirsche und gelber Frucht. Mango, reifer Pfirsich, sehr schick, sehr duftig, hocharomatisch. Im Mund unerwartet – das hatten wir aber schon bei La Patache aus dem gleichen Haus. Das ist der Gegenentwurf zu den überragenden, aber viel fetteren Weinen von Moueix wie Trotanoy oder La Fleur-Pétrus. Im Enclos Tourmaline haben wir eine unglaubliche Harmonie. Wahnsinnig viel Kirsche. Im Grunde eine fette Version eines perfekten Burgunders, Grand Cru Richebourg zum Beispiel, das kommt dem am nächsten. Kein Wein zum Niederknien, sondern ein Wein für die Freude. Alles ist da und trotzdem schwingt so viel Mineralität mit. Der Wein schwebt für Minuten mit seinem wunderschön burgundischen, kirschigen, mit Salz unterlegten Nachhall. Mit heller Lakritze. Was für eine große Freude, was für ein schicker Wein! Das erinnert mich stark an die Verkostung, die wir vor zwei Tagen bei Le Pin hatten. Das war auch ein Wein, bei dem man sofort sagte: reinspringen, heute Abend trinken. Großer Wein, großer Stoff! Und der beste Enclos Tourmaline, den ich bisher probiert habe. Weil alles passt, weil die Balance einfach eine Perfektion darstellt und der Wein gleichzeitig so frisch und neben der schwarzen auch so schick in der roten Frucht ist. Hervorragend. 100+/100