Lobenberg: Chateau d‘Aiguilhe ist eines der Weingüter von Stephan Graf Neipperg von Canon la Gaffelière. Ein hoher Anteil an Kalkböden mit Lehm-, Sand-, Kiesauflage. Im Weinberg wird vermehrt darauf gesetzt ganz dicht zu pflanzen und nur die eigenen Klone zu verwenden, also Selection Massale. 65 Hektar groß, ein Riese in Castillon, Bei d‘Aiguilhe wird komplett biologisch gearbeitet, es ist aber noch nicht zertifiziert. Inzwischen wird ein Anteil von 20% komplett bio bearbeitet, der Rest ist in der Umstellung. Stephan Neipperg versucht darüber hinaus, wie viele andere Biowinzer ebenfalls, den Einfluss von Kupfer drastisch zu reduzieren. Bekannt ist, dass Kupfer in Wirklichkeit die Fruchtbarkeit der Böden, Pflanzen und Tiere, sowie die Schalenstruktur der Beeren stark beeinträchtigt. Kupfer führt zu mehr Botrytis, und die physiologische Reife der Kerne weicht immer mehr vom Zuckergehalt des Saftes ab. Die Konsequenzen sind bekannt, bspw. an der südlichen Rhône, die Weine brauchen dort manchmal 16% Alkohol um in Kernen und Schalen überhaupt physiologisch zu reifen. Die Umstellung auf biologische Arbeit ist der wirkliche Weg der Zukunft. Zusätzlich weg vom Kupfer, hin zur besseren Harmonie. Auf Chateau d‘Aiguilhe gab es 2017 70% Frostverluste. Das Ergebnis waren lediglich 10 hl/h. 90% Merlot, 10% Cabernet Franc. Geerntet wurde ab dem 21. September. Der 2017er d‘Aiguilhe hat fast 10% weniger Cabernet Franc als normal. Die Ausprägung ist aromatisch, ätherisch, extrem fein. Gar nicht diese Wuchtbrumme der vergangenen Jahre. Nicht diese Opulenz, diese druckvolle Kraft in der Nase. Wir sind mehr in der roten Frucht, obwohl es Merlot ist. Es gibt viel Himbeere, ein bisschen Erdbeere und dann aber auch viel Weichselkirsche. Auch süße Kirsche, ein Hauch schwarze Kirsche, frische Zwetschge, Milchschokolade. Aber alles sehr fein und verspielt. Im Grunde gar nicht die bis 2013 sonst übliche Machart des früheren Powerweins d‘Aiguilhe. In der Stilistik deutlich mehr an einen Clos Puy Arnaud erinnernd als an seine Vorgänger. Auch im Mund käme man nicht auf fast 100 Prozent Merlot. Auch hier Cabernet-Franc-Eigenschaften. Erdbeere vor Himbeere. Feine Zwetschge. Insgesamt ein feiner Wein, Salz und Kalksteinspuren. Poliert und tänzelnd. Sofort zugänglich. Alles reif. Extrem lecker, aber auf der anderen Seite auch nicht besonders groß. Wenn der Preis passt, ist das trotzdem ein Leckerli. Ein Wein für die Freude. Ein unkomplizierter und doch mineralisch ausgeprägter Castillion mit der Hinwendung ins Burgund und an die Loire. Was mir extrem entgegen kommt. 92/100