Lobenberg: 60 Prozent Merlot und 40 Prozent Cabernet Franc. Also mehr Cabernet als normalerweise. Hier gab es keinen Frost, aber etwas Mehltau, welcher nur den Merlot befallen hat. Deshalb der etwas geringere Anteil. In Summe aber sehr gesundes Lesegut. Der Wein hat eine reiche, dichte Nase mit viel süßer schwarzer Frucht. Schwarzkirsche, Massen an süßen Veilchen, Lakritze dahinter, aber nicht fett, nur wuchtig und dicht. Walnuss, schwarze Heilerde und immer wieder diese Blumigkeit. Auch im Mund ziemlich druckvoll. Schwarze Kirsche und etwas Cassis dahinter, sehr viel Minze und etwas Veilchen. Lang und druckvoll, der Wein hat eine große Spannung und ist trotzdem unglaublich fein. Saint-Émilion in extrem feiner Kirsch-Ausprägung. Im Finale reife dunkle Zwetschge, schwarze Kirsche, aber nichts Fettes, nur tanninreich, genau wie 2019, aber es bleibt fein. Mehr seidig als samtig. Langes Finale mit einem tollen Säureschwänzchen. Ein sehr gelungener Saint-Émilion! 96-97/100 *** Clos Saint Julien ist das vierte Weingut von Cathérine Papon-Nouvel, der bekannten Biodynamikerin mit ihren vier winzigen Weingütern in Saint-Émilion und Castillon. Das Weingut liegt komplett auf massivem Kalkstein direkt am Eingangskreisel von Saint-Émilions Plateau. Die Reben sind zwischen 40 und 80 Jahre alt. Es gibt nur 1,5 Hektar in extremer Dichtpflanzung und nur 7.000 Flaschen insgesamt. Unter dem Kalkstein, auf dem die Reben stehen, ist ein Höhlengewirr, das direkt in die Stadt führt. Also reiner Fels. In dieser extremen Art gibt es das fast nur auf Clos Fourtet und Clos Saint Martin. Cathérine Papon-Nouvel sortiert seit 2017 mit der von Château Ausone zuerst praktizierten Zuckerwasser-Sortierung. Nach kompletter Entrappung wird noch einmal nachsortiert, nur total cleane Beeren kommen in diese Lösung. Die Zuckerwasser-Konzentration entspricht dabei exakt dem des Safts vollreifer, gesunder Beeren. Das Ergebnis: In diesem Wasserbad sacken nur die reifen Beeren herunter, die man optisch von den etwas unreiferen nicht unterscheiden kann. Die unreifen Beeren bleiben auf der Oberfläche schwimmen und können abgeschöpft werden. Anschließend laufen die gesunden Beeren natürlich vor der Vergärung durch Klarwasser. Erst nach der Trocknung werden sie in die Vergärung gegeben. Der Wein wird spontan im Edelstahl vergoren und für 22 Monate in 50 Prozent neuen und 50 Prozent gebrauchten Barriques ausgebaut. *** Wie in den meisten Regionen Europas lautet der Tenor auch in Bordeaux »2021 - zurück zur Klassik!«. Nach mehreren warmen Jahren in Folge kommt 2021 hier mit genialer kühler Eleganz und niedrigen Alkoholwerten um die Ecke. Sehr schick, fein, dabei aber auch so spannungsgeladen – ein absolutes Traumjahr für Finesse-Trinker. Die Weine zeigen viel aromatischen Fruchtdruck bei wirklich reifer Tanninstruktur durch die längere Vegetationsperiode. Ein großes Aufatmen unter allen Winzern, denn das Ergebnis ist quasi die Entschädigung für die harte Arbeit im Weinberg, die die Natur von Anfang bis Ende des Jahres von allen Beteiligten abverlangt hat. Hohe Niederschläge zu Beginn des Jahres, was gleichzeitig aber auch ein Segen für die trockenen Böden war. Dann nochmal ein Temperaturtief im April, schon nach dem Austrieb. Das Bordelais hat es aber nicht ganz so hart getroffen, die Frostschäden waren hier im Mittel nicht so verheerend wie in anderen Teilen Frankreichs, deshalb sind die Erträge insgesamt doch noch zufriedenstellend. Der Merlot ist außerordentlich edel, mit bemerkenswert konzentrierter Frucht, während der Cabernet unglaublich intensiv und frisch ist, was dem Jahrgang große Eleganz verleiht. Vielleicht in einer Reihe mit 2008, 2012 und 2014 mit seinen jung schon so verführerisch zugänglichen Weinen, die aber auch noch eine lange Zukunft vor sich haben.