Lobenberg: Dieses nur 1,2 Hektar große Weingut im Herzen von Saint Emilion befindet sich am Eingangskreisel und gehört Cathérine Papon-Nouvel. Die Reben sind fast 85 Jahre alt, es werden weniger als 6.000 Flaschen produziert. Der Wein ist biologisch zertifiziert. Der Clos St Julien besteht aus 50% Merlot und 50% Cabernet Franc. Die 1,2 Hektar befinden sich zu 100% auf Kalkstein, reiner leicht poröser Fels und darunter liegen die Höhlen, die in die Stadt führen. Reiner Fels mit einer leichten Sand-, Lehm- und Kiesauflage. Dieses Terroir ist so extrem, dass es in dieser Extremität nur noch auf Clos Fourtet und Clos Saint Martin gibt. Hier wird komplett entrappt und bis zu 22 Monate im zum Teil gebrauchten, aber überwiegend neuem Holz ausgebaut. Spontan vergoren im kleinen Holz. Erstmalig in 2016 wird hier die auf Ausone kreierte Methode der Beerensortierung im Wasserbad praktiziert. Das heißt, es wird komplett entrappt. Oft sogar händisch um komplett alles sauber zu haben. Dann fallen diese Beeren nach einer optischen, händischen Sortierung über ein Band in ein mit Zuckerwasser gefülltes Bad. Die Wasser-/Zuckerkonzentration entspricht dabei genau dem Saft reifer Beeren. Mit dem Ergebnis, dass nur die reifen Beeren, die man optisch von den etwas Unreiferen nicht unterscheiden kann, in diesem Wasserbad heruntersacken. Die mit etwas weniger Zuckerkonzentration ausgestatteten Beeren schwimmen in dem Wasserbad folgerichtig dann oben und werden abgeschöpft. Zum Teil wird es im Zweitwein verwendet, auf jeden Fall kommt es nicht mit in die Fermentation des Erstweines. Das Beste wird dann kurz gereinigt und dann fermentiert. Es gibt zwar einen weiteren Ausschuss von ca. 20%, dass Ergebnis ist aber 100% reif. Nur perfektes Material kommt in die spontane Fermentation. Clos Saint Julien ist im Charakter schon deutlich anders als der zur gleichen Besitzerin gehörende Petit Gravet Ainé, welcher normalerweise noch deutlicher Cabernet Franc dominiert ist, dieses Jahr aber fast komplett auf der Merlot läuft. Clos Saint Julien hat deutlich mehr Cabernet Franc in der Nase. So schöne Reife, butterweiche Himbeere, hohe Aromatik. Etwas schwächer darunter hervor kommt die reife Pflaume, frische Zwetschge, Sauerkirsche, Schwarzkirsche sowie etwas Brombeere und Cassis. Sehr aromatisch und trotzdem fein schwebend, erhaben. Leicht bleibend, schwingend. Sehr mineralischer, frischer, fast rotfruchtiger Mund. Die Cabernet Franc ist ganz vorne. Reife, fast körnige Himbeere. Sattes, butterweiches, geschliffenes Tannin aber sehr präsent. Sehr viel Struktur zeigend. Die Säure ist überaus präsent, die Augen ziehen sich zusammen. Der ganze Mund wird von dieser Intensität zusammengezogen. Die Cabernet Franc dominiert die Geschmacksexplosion. Die Merlot ist klar im Hintergrund. Hätte ich blind probiert, hätte ich wahrscheinlich anders herum interpretiert und hätte den Petit Gravet Ainé für Clos Saint Julien gehalten und umgekehrt, denn wir haben hier eine so deutliche Cabernet-Franc-Ausrichtung, dass es schon ein bisschen in Richtung Figeac mit seinem Cabernet Sauvignon oder noch mehr in Richtung Cheval Blanc geht. Das ist sehr profund, einzigartig. Der Wein braucht wohl für 2016 erstaunlich viel Zeit. Ich würde ihn mal 8-10 Jahren weglegen. Er hat so unglaubliches Potenzial, ist so dicht und reichhaltig, und trotzdem schwebend, elegant darüber. Mit dieser unendlich langen, mineralischen, salzigen Säurespur auf der Zunge. Immer wieder hochrollend, Kirsche, Sauerkirsche, Johannisbeere aber auch Spuren von Sanddorn. Und eine irgendwie von der roten Johannisbeere gezeichneten Säure. Die Zungenspitze bleibt für Minuten emotional salzüberzogen. Das ist schon großer Stoff und für Clos Saint Julien, was ich kaum für möglich hielt, nach 2015 noch eine leichte Steigerung. Allerdings ist es ein Wein, der im ersten Angang weniger zugänglich ist als 2015. Dafür ist die Intensität zu hoch. Ein Wein für ein sehr langes Leben. Großer und einzigartiger biodynamischer Stoff aus Saint Emilion. Und jetzt bin ich froh, dass wir in Saint Emilion andersrum angefangen haben zu probieren, nämlich mit Tertre Roteboeuf als ersten Wein. Jetzt kann ich es einsortieren. Tertre Roteboeuf war auch schon so eine Art positives Blockbuster Monster und Clos Saint Julien schafft das auch. Beide Weine brauchen lange Zeit. Beide Weine sind ganz groß. Und wenn das der Jahrgang in Saint Emilion wird, bin ich hier sehr zufrieden. Toller Stoff. 97-98/100