Lobenberg: Dieses kleine Weingut liegt im äußersten Norden des gesamten Medoc Gebiets, weit nördlich von Saint Estèphe. Der Nachbar ist Chateau Haut Maurac. Clos Manou wird vom Besitzer Stéphane Dief persönlich bearbeitet. Zwar in einer nicht zertifizierten, aber extrem biologischen Weinbergsbearbeitung mit winzigen Erträgen, Dichtpflanzung (über 10.000 Stöcke pro Hektar). Ertrag pro Pflanze unter 500 Gramm, winzige Träubchen, sehr tief und nahe am Stamm. Wenn man die Arbeit im Keller sieht, die Stephan durchführt, wird einem schwindelig ob dieses wahnsinnigen Einsatzes. Er hat spezielle Rütteltische zur Entrappung, inzwischen sogar optische Nachsortierung der Trauben. Die Gärung erfolgt im Beton und Holz, Ausbau zum Teil auch in Betonamphoren. Hier wird nichts unversucht gelassen. Stephan ist ein echter Fanatiker der Qualität. Und wäre es nicht Haut Medoc sondern Pauillac, wären seine Weine, zusammen mit Pontet Canet, immer im 100-Euro-Bereich. Das ist seit vielen, vielen Jahren großes Kino und wird auf Grund der Randlage und zahlreicher 'nur Etikettentrinker' total unterbewertet. Clos Manou kann man seit den Jahren 09, 10 und vielleicht schon ab 05 nicht mehr mit den normalen Vergleichsmaßstäben des Médoc und Haut Médoc werten. Wer schon mal auf dem Château war, wer gesehen hat wie in dieser Dichtbepflanzung mit den winzigsten Erträgen pro Stock einfach diese extrem feinen Finesseweine gewonnen werden, die gleichzeitig diese irre Spannung aufweisen, der nimmt Abschied von der Klassifikation von Bordeaux. Es geht nicht um alteigesessene, große Namen, es geht um Rebenbestand, die Böden und die Arbeit. Die Cépage des 2018ers lautet 52% Cab. Sauvignon, 38% Merlot, 5% Cab. Franc und 5% Petit Verdot. Sehr feine Nase, die eine verblüffend hohe Reife aufweist, mit sehr geschliffenem Tannin, eher zur schwarzen Frucht gehend, etwas Lakritze und Veilchen darunter. Aber wenig süß, eher ganz fein getragen. Und dieses reife Jahr 2018 führt überhaupt nicht dazu, dass Stéphane Dief irgendetwas Fettes in die Flasche zaubert, aber es führt dazu, dass der Wein eine wahnsinnige Spannung hat. Wir haben hier wie bei den allerbesten Weinen dieses Jahr eine Frische aus der hohen Reife, mit so viel Frucht, so grandioser Dichte. Tannin in Massen, aber total seidig, nichts beißt, nichts zwickt. Und trotzdem ist alles sehr präsent, sehr lang, und zugleich unendlich fein. Gleichzeitig diese konzentrierte Wucht aus sehr kleinen Beeren, aber das entscheidende ist, dass trotz dieser Unmengen an schwarzer und roter Beerenfrucht, diese unglaubliche Spannung aufsteigt. So komplex, dicht, sehr athletisch. Auch im Mund fast mehr eine Implosion als eine Explosion, der ganze Gaumen zieht sich zusammen, die Zunge rollt sich, die Augen werden schmal, das ist so unglaublich hyperkonzentriert und dicht und trotzdem nicht fett. Totale Balance und Harmonie und dabei eine wahnsinnige Spannung aufweisend aus der vornehmlich schwarzen Frucht, Brombeere, Schwarzkirsche, wenig Cassis, alles durchgegoren, nichts ist süß, alles ist unendlich fein. Trotz immenser Tanninmassen wie noch nie zuvor, mehr als 2016, mit diesem wahnsinnigen Druck und der gleichzeitig großen Feinheit. Bei diesem Wein spürt man einfach die irre Konzentration des Jahrgangs. Der Wein erinnert mich ein wenig an den einen Tag zuvor verkosteten Château Beychevelle aus Saint Julien, der auch unglaublich fein war. Das sind Belege dafür, dass man auch in einem so reichhaltigen Jahr wie 2018 sowohl famose, üppige Schönheiten, wie auf Château Meyney, als auch strahlend schicke Weine, wie in 2016 mit dieser unendlichen Finesse, erzeugen kann. Und genau das gelingt hier auf Clos Manou, lang, schön und ultrafein dabei. Das wird ein unglaublicher Langläufer, das ist besser als je zuvor und es kann problemlos mit in der Topliga der klassifizierten Weine mithalten. 97-100/100