Lobenberg: Sicherlich eines der extremsten Weingüter im Medoc. Das Weingut liegt in Saint Christoly de Medoc ganz im Norden. Die 12 ha Weinberg (ein wirklicher Kiesel-Lehmberg über der Dourdogne) sind extrem gepflegt und bestockt mit grundsätzlich 10.000 Reben/ ha. Geerntet wird weniger als ein Kilo pro Stock bei ca. 6-8 kleinsten Träubchen je Stock. Man muss das gesehen haben um diese perfekt organisch gepflegten und durchlüfteten Böden zu glauben! Das Weingut entstand in den 90er Jahren aus dem Nichts. Der Besitzer, ein großer Weinliebhaber und begeisterter Winzer, war vorher in einer Kooperative tätig. Er machte sich zusammen mit seiner ebenso begeisterten Frau Francoise selbständig und sie schufen dieses Kleinod. Der Erstwein, der Clos Manou, der ungefähr 30% der Gesamtmenge ausmacht, wird komplett in Holzfudern vergoren, später in Barriques ausgebaut. Die Entrappung geschieht per Hand auf einem bei Mouton Rothschild abgeschauten Holzrüttler, extrem vorsichtig, große Sortiertische sind vorgeschaltet. Eine lange Kaltmazeration folgt und eine sehr vorsichtige Vergärung. Alles ist ausgerichtet auf den Erhalt von viel Frucht und auf schonende Verarbeitung ohne jede Bitterstoffe. Ich habe selten in den letzten 20 Jahren ein Weingut besucht, wo so akribisch und perfekt gearbeitet wird. Nicht nur die Weinberge, auch der Keller ist zum Zunge schnalzen. Der Preis ist, dass die Besitzer seit 12 Jahren eine 7-Tage-Woche haben und keinerlei Urlaub. Hier wird alles dem Ziel, ganz nach oben zu kommen, untergeordnet. Der Wein besteht 2010 aus 75% Cabernet Sauvignon, 15 % Merlot, 7 % Cabernet Franc und 3% Petit Verdot. Ein Teil der Rebberge besteht aus 120-130 Jahre alten, wurzelechten Reben, der größere Rest aus alten rekultivierten Reben mit späterer Zwischenpflanzung um auf die 10.000 Stöcke zu kommen. Das Durchschnittsalter der Gesamtbestände von Clos Manou liegt zwischen 50 und 60 Jahren. Die alte Cabernet bringt extrem hohen Extrakt. Der Alkohol von 14° ist jedoch überhaupt nicht zu merken. Unglaublich würzige Cassis-Johannisbeer-Nase mit Brombeere, dunkle schwarze Kirsche. Extrem dicht. Aromatisch. Dieser Duft ist fast eine Sensation. Diese immense Dichte und Intensität war nicht zu erwarten. Und vollständig reif! Schokolade, schwarze Oliven, ein wenig Minze, Wachholder, Teer und eine leichte Goudron-Note. Die Nase allein ist schon ein Genuss. Grandios! Die hohe Intensität setzt sich im Mund fort. Die Zunge rollt sich fast, die Augen ziehen sich zusammen. Adstringenz, aber kein Bitterstoff. Schwarze Kirsche, Cassis, rote Johannisbeere, Holzkohle, Kubanischer Tabak, Zedernholz. Eine grandiose Zusammensetzung. Duft und Mund passen perfekt zusammen. In einer Blindverkostung würde man nicht auf einen kleinen Medoc kommen. Er hat viel Tiefe und Üppigkeit. Grandios lang, Salz rollt wieder hoch, dann Teer. Dunkle Praline mit schwarzer Kirsche. Macht sehr viel Druck, ist aber überhaupt kein Blockbuster. Die Nachverkostung des Jahrgangs 2006 zeigt, dass sich das Ganze zu einem grandiosen Wein entwickelt. Man kann hier nicht mehr von einem kleinen Wein sprechen. Eine der größten Überraschungen der letzten Jahre in meinen Bordeaux-Verkostungen. 95+ -- Gerstl: Pure Raffinesse strahlt aus diesem Glas, feinste Frucht und edle Mineralität vereinen sich zu einem Duft von atemberaubender Schönheit und Tiefe, ein Weinparfüm, wie man es sich sinnlicher nicht vorstellen kann. Am Gaumen begeistert sein leichtfüssiger Auftritt, dieses verblüffende Hin und Her zwischen Kraft, Fülle und Raffinesse, er ist Kraftpaket und Filigrantänzer gleichzeitig, eine phänomenale Essenz mit ellenlangem Abgang. Was für ein edler Wein, ein grosser Klassiker und eine Weinpersönlichkeit, vor der man nur den Hut ziehen kann. 19/20