Lobenberg: Dieses kleine Weingut liegt im äußersten Norden des gesamten Médoc-Gebiets, weit nördlich von Saint Estèphe. Der Nachbar ist Chateau Haut Maurac. Auch Château Carmenere liegt nicht weit entfernt. Clos Manou wird vom Besitzer Stéphane Dief persönlich bearbeitet. Zwar in einer nicht zertifizierten, aber extrem biologischen Weinbergsbearbeitung, mit winzigen Erträgen. Dichtpflanzung von über 10.000 Stöcke pro Hektar. Ertrag pro Pflanze unter 500 Gramm, winzige Träubchen, sehr tief und nahe am Stamm. Bei 10.000 Stöcken nur 40 Hektoliter pro Hektar, da bleibt nicht viel pro Stock. Wenn man die Arbeit im Keller sieht, die Stephan durchführt, wird einem schwindelig ob dieses wahnsinnigen Einsatzes. Er hat spezielle Rütteltische zur Entrappung, inzwischen sogar optische Laser-Nachsortierung der Trauben. Ausgebaut wird im Barrique und in Ton- und Betonamphoren. Er macht auch einen Zweit- und einen Drittwein. In diesen Erstwein geht also nur das allerbeste Material. Hier wird nichts unversucht gelassen. Stéphane ist ein echter Fanatiker der Qualität. Und wäre es nicht Haut-Médoc, sondern Pauillac, wären seine Weine, zusammen mit Pontet Canet, immer im 100-Euro-Bereich. Das ist seit vielen, vielen Jahren großes Kino und wird auf Grund der Randlage und zahlreicher 'nur Etikettentrinker' total unterbewertet. Clos Manou kann man seit den Jahren 09, 10 und vielleicht schon ab 05 nicht mehr mit den normalen Vergleichsmaßstäben des Médoc und Haut Médoc werten. Wer schon mal auf dem Château war, wer gesehen hat wie in dieser Dichtbepflanzung mit den winzigsten Erträgen pro Stock einfach diese extrem feinen Finesseweine gewonnen werden, die gleichzeitig diese irre Spannung aufweisen, der nimmt Abschied von der Klassifikation von Bordeaux. Es geht nämlich am Ende nicht um alteigesessene große Namen, es geht um Rebbestand, es geht um Terroir, das seit der Hinwendung zum mediterranen Klima hier im Haut-Médoc einfach perfekt geeignet ist. Es geht um die Böden, es geht um die Arbeit. In Bordeaux gab es 2020 eine unglaubliche Regenmenge im Frühjahr. Während der frühen, aber perfekten Blüte, blieb es zwei Wochen lang trocken, direkt danach gab es wieder Regenfälle. Von Mitte Juni bis Mitte August fiel dann allerdings kein einziger Tropfen Regen mehr. Bei Sandböden war das ein Desaster – die Reben bekamen Trockenstress. Bei Lehmböden, wie wir sie in den besten Lagen des Médoc und Pomerol haben, oder auf reinem Kalkstein, wie oft in Saint-Émilion, war das überhaupt kein Problem. Am linken Ufer fielen dann Mitte August circa 80 Millimeter Regen. Ende August nochmal 15 Millimeter. Danach war es den ganzen September über trocken. Also ziemlich perfekte Bedingungen für hervorragendes Terroir, perfekte Bedingungen für hohe Reife und satte Tanninwerte, bei recht moderater Säure. Clos Manou ist aufgrund seiner Lage sehr begünstigt. Durch den Lehm im Untergrund und durch die Flussnähe sind die Reben hier immer gut mit Wasser versorgt, auch in Jahren der Trockenheit wie 2020. Stéphane Dief kann mit diesem Klima extrem gut umgehen. Die Nase des 2020er ist reif und schwarz, aber extrem fein. Nichts Drückendes, nichts Fettes, nur hochintensiv. Sehr aromatisch, perfekt in der Harmonie, balanciert und lecker. Im Mund kommt sehr viel mineralischer Grip dazu. Da ziehen sich die Augen zusammen, der Wein hat so viel aromatische Intensität. Lakritze und Maulbeere, Cassis, dahinter rote Kirsche und etwas rote Johannisbeere, was zur Frische beiträgt. Das süße Cassis spielt mit dem Veilchen. Auch ein bisschen süßes Lavendel. Genial schick! Etwas weniger Spannung und etwas weniger tänzelnd als der sehr frische und hochreife 2019er. Hier ist die Harmonie dafür größer. Das passt alles perfekt zusammen. Das dritte Jahr in Folge ein großer Clos Manou. Und das dritte Jahr mit einem etwas unterschiedlichen Angang. Die sahnig-cremige 2018er-Version neben dem aufregenden, spannungsgeladenen und hochreifen 2019er, dazu jetzt die große Harmonie, die perfekte Balance in 2020. Drei große Jahre in der Reihe. Und Clos Manou ist sicherlich am gesamten linken Ufer innerhalb der 20, 30 besten Châteaus etabliert. Wunderbarer Wein für kleines Geld. 98/100