Lobenberg: Ganze 1,5 Hektar umfassen die alten Weinberge, die zum Leidwesen Denis Durantous von Eglise Clinet eben inmitten der Rebflächen von Eglise Clinet liegen. Die Familie von Jean-Louis Trocard, in Person des Sohns Benoit, bewirtschaftet die Flächen organisch und händisch in reinster Form. Seit der finalen Eigentumskonzentration auf nur noch einen Familienzweig der Trocards im Jahr 2005, werden hier auf Pomerols bestem Terroir, im Zentrum neben der Kirche, seit einigen Jahren sensationelle Ergebnisse erzielt. Neben den berühmten Namen Petrus, Lafleur, Le Pin, Vieux Château Certan und Trotanoy wahrscheinlich die kostbarsten Weinberge auf dem Plateau Pomerols. Die Reben, zu 70% Merlot und zu 30% Cabernet-Franc, haben ein Durchschnittsalter von 50 - 60 Jahren und ergeben jedes Jahr nur 6.000 Flaschen. Wir haben hier einen recht lehmigen Boden, typisch Pomerol, weißer Lehm auf Kreide und Kalkstein. 2019: Was für eine Nase – atemberaubend. Atemberaubend in der würzigen Frische. Vorne Schlehe, Sanddorn, feine Lakritze und Milchschokolade. Würziges Unterholz, Garrigue. Zerdrückte Schalen, Sauerkirsche, getrocknete Blaubeere. Intensiv würzig und duftig. Aber nicht fett, eher ätherisch-aromatisch. Mit reichlich Dichte und Süße allen Raum einnehmend. Der Mund birst quasi vor lauter Würze. Die Augen ziehen sich zusammen. Aber nicht aufgrund irgendeines harschen oder grünen Gerbstoffes. Der Gerbstoff ist reichlich vorhanden, hochintensiv. Aber er ist samtig, poliert, nur einfach massiv vorhanden. Neben der massiven und konzentrierten Schlehe dann Sauerkirsche auf süßer schwarzer Himbeere. Wuchtig. Dann kommt wieder diese süßsalzige schwarze Lakritze, etwas Teer. Aber das ist kein Blockbuster, es ist nur ein unglaublich intensiver Wein, der gleichzeitig tänzelt und voller Finesse ist. Das ist ein Hyperkonzentrat eines Eglise Clinet, dem direkten umschließenden Nachbar, gleiches Qualitätsniveau. Die Weine haben wirklich unglaublich viel Ähnlichkeit, der eine liebt es etwas eleganter, der andere etwas konzentrierter, das mag am geringeren Ertrag hier liegen. Nein, unglaublich ist die Ähnlichkeit natürlich nicht, sie müssen ja diese Ähnlichkeit haben. Es ist zu 100 Prozent dasselbe Terroir und dasselbe Rebalter. Der einzige Unterschied liegt darin, dass bei Clos de la Vieille Eglise organisch gearbeitet wird. Aufgrund der Größe des Château wird hier auch alles händisch entrappt – ein enormer Aufwand, das macht aber qualitativ verdammt viel aus. Der Wein ist ein wirkliches Ereignis, aber er braucht viel mehr Zeit als der 2018er. Dieser Clos de la Vieille Eglise sollte sicherlich 12, 14, 15 Jahre weggelegt werden. Aber er wird ein Leben lang halten und nach 20 oder 30 Jahren zu wirklicher Größe aufblühen. Was für ein großes, würziges, schwarzrotes Pomerol-Ereignis. Für Minuten bleiben meine Zunge und mein Gaumen belegt und schwanken mit diesem großen Oszillographen zwischen süßsalziger und schwarzer Lakritze, zwischen Schlehe, der würzigen Himbeere, Sauerkirsche, Maulbeere und Johannisbrot. Alles rollt immer wieder hoch, mit einer Spur von Kalkstein-Salzmineralität aus dem weißen Lehmboden. Nach einigen Minuten trinke ich zum Abgewöhnen einen Espresso, sonst würde ich diesen Wein durch die nächsten Weine in der Verkostung durchschleppen, das möchte ich nicht. Das ist einfach zu dominant. Auf jeden Fall großer, großer Stoff. 100/100