Lobenberg: Der Wein besteht 2021 aus 57 Prozent Cabernet Sauvignon, 27 Prozent Merlot und 16 Prozent Carmenère. Immer wieder bin ich aufs Neue verblüfft von Château Carmenère. Vielleicht auch, weil die Rebsortenzusammensetzung so einzigartig ist. Das Ganze bei diesem extrem geringen Ertrag und zusammen mit dieser von süßer, feiner Lakritze und Eukalyptus geprägten Rebsorte Carménère. Das verleiht dem Wein einen sehr individuellen Touch. In der Nase sehr reife Pflaume, süß, dunkle Kirschen dahinter, aber auch süße hochreife Brombeere. Das Ganze ist aufs Schönste aromatisch verbunden. Eine duftige Wolke, schon in der Nase samtig und opulent. Ein Leckerli, das als 2021er weitaus reifer aus dem Glas steigt als der Jahrgang eigentlich erlaubt. Im Mund Holunder, Heidelbeere und eine leichte Chilischärfe, dazu reife Zwetschge und hochreife Himbeere. Aber nicht dick oder fett daherkommend, sondern eher fein bleibend. Eine erdige Spur. Im Grunde trinkt sich dieser Carmenère wie eine kleine Ausgabe eines Château Pontet-Canet – voll auf der Naturseite bleibend. Einfach nur schön, aromatisch und unanstrengend. Und dazu diese wunderbar cremige Tanninstruktur. Everybody’s Darling. Feine Salzspur im Finale. Einfach eine Ode an die Freude! Alles stimmt, alles passt, die Balance ist da, die Harmonie. Trinkfreude pur! 93-94/100 -- Das junge Ehepaar Barraud von Château Carmenère arbeitet auch bei anderen Weingütern. Richard ist Weinbergsmanager von Château Haut Batailley in Pauillac. Die beiden Enthusiasten haben ihre 3,5 Hektar Rebberge im Médoc, nördlich von Pauillac, erst 2006 in Betrieb genommen. Château Carmenère, im obersten Bereich des Médoc gelegen, ist in zwischen seit einigen Jahren im Besitz einer optischen Nachsortier-Maschine, die im obersten Qualitätsbereich im Bordelais schon lange bekannt ist. Lasergesteuert, mit Luftschuss-Aussortierung. Diese gebrauchte Maschine kommt von Ducru-Beaucaillou, dort hat man sich neuere Technik gekauft. Das führt zusätzlich zur händischen Auslese zu weiteren 10 Prozent Ausschuss nicht vollreifer Beeren. Die Perfektion schreitet bei Richard immer weiter voran. Er ist im Grunde ein ähnlicher Extremist wie Stehphane Dief auf Château Clos Manou. Extreme Weinbergsarbeit in Verbindung mit einer extremen Handauslese mit nachträglicher optischer Auslese. Einer der absoluten Superstars und trotzdem völlig unbekannt. Das Weingut arbeitet im Keller und im Weinberg voll biologisch. Beraten wird es vom besten Önologen des ganzen Médoc, Eric Boissenot, der auch alle Premier Crus berät und betreut. In der Assemblage ist auch immer ein Anteil Carménère enthalten, eine Rebsorte, die diesem Weingut seinen Namen gibt. Sie bringt eine ungeahnte Würze und Authentizität mit sich. Die Weine aus der Rebsorte sind speziell, spezifisch und ausdrucksstark, insgesamt bei den Winzern jedoch nicht so beliebt, da Ertrag und Beeren sehr klein sind. Carménère ist tanninreich und vor allem ausdrucksstark. Die Qualitätsfetischisten stehen auf die Rebsorte. -- Wie in den meisten Regionen Europas lautet der Tenor auch in Bordeaux »2021 - zurück zur Klassik!«. Nach mehreren warmen Jahren in Folge kommt 2021 hier mit genialer kühler Eleganz und niedrigen Alkoholwerten um die Ecke. Sehr schick, fein, dabei aber auch so spannungsgeladen – ein absolutes Traumjahr für Finesse-Trinker. Die Weine zeigen viel aromatischen Fruchtdruck bei wirklich reifer Tanninstruktur durch die längere Vegetationsperiode. Ein großes Aufatmen unter allen Winzern, denn das Ergebnis ist quasi die Entschädigung für die harte Arbeit im Weinberg, die die Natur von Anfang bis Ende des Jahres von allen Beteiligten abverlangt hat. Hohe Niederschläge zu Beginn des Jahres, was gleichzeitig aber auch ein Segen für die trockenen Böden war. Dann nochmal ein Temperaturtief im April, schon nach dem Austrieb. Das Bordelais hat es aber nicht ganz so hart getroffen, die Frostschäden waren hier im Mittel nicht so verheerend wie in anderen Teilen Frankreichs, deshalb sind die Erträge insgesamt doch noch zufriedenstellend. Der Merlot ist außerordentlich edel, mit bemerkenswert konzentrierter Frucht, während der Cabernet unglaublich intensiv und frisch ist, was dem Jahrgang große Eleganz verleiht. Vielleicht in einer Reihe mit 2008, 2012 und 2014 mit seinen jung schon so verführerisch zugänglichen Weinen, die aber auch noch eine lange Zukunft vor sich haben.