Lobenberg: Château Bellefont-Belcier liegt an den Hängen des Kalksteinplateaus, an der sogenannten Côte Pavie. Es ist der übernächste Nachbar von Château Pavie, zu anderen Seite liegt Larcisse Ducasse. Reiner Kalkstein mit leichter Lehm-Sand-Auflage an den Südhängen Saint-Émilions. Bellefont-Belcier liegt auf allerbestem Terroir in Amphitheater-Form. Die Pflanzdichte liegt bei 7.000 Stöcke pro Hektar und bewegt sich Jahr für Jahr weiter in Richtung 10.000, damit der Stockertrag unter 500 Gramm liegt. Alles im Weinberg geschieht in Handarbeit, die Exposition ist komplett südlich. Der weitere Nachbar zur anderen Seite ist dann Tertre Roteboeuf. Das Terroir ist also allererste Sahne. Purer Kalkstein eben. Die Vergärung erfolgt hier bei 25 bis 27 Grad temperaturkontrolliert und spontan. Die Vinifikation findet im Betontank und im aufrechtstehenden Barrique statt. Also eine Mischung aus Microvinifikation und klassischer Vinifikation. Die Weine werden im Barrique ausgebaut, 40 Prozent neue Fässer. Schwefel sieht der Wein erst kurz vor der Füllung, es gibt insgesamt rund 30.000 Flaschen. Der Alkoholgehalt liegt bei 14 Volumenprozent. Die Rebsortenzusammensetzung ist 70 Prozent Merlot, 25 Prozent Cabernet Franc und fünf Prozent Cabernet Sauvignon. Seit einigen Jahren kabbeln sich die beiden Topweingüter Saint-Émilions von Besitzer Peter Kwok, Bellefont-Belcier und Tour Saint Christophe, um die qualitative Krone. Beides reine Kalkstein-Terroirs. Tour Saint Christophe einige Meter höher auf reinem Kalkstein in Terrassen gelegen. Bellefont-Belcier dagegen an der Côte Pavie, auch auf reinem Kalkstein, aber als Amphitheater. Beide in Dichtpflanzung, beide mit winzigen Erträgen von unter einem halben Kilo pro Stock. Bellefont-Belcier kommt in der Nase etwas würziger und erwachsener rüber. Die Lakritze ist etwas schwärzer. Etwas mehr Brombeere und Cassis im ersten Nasenzugang. Mehr Druck und Wucht. Eben der Style der Cote Pavie. Deutliche Orangenzesten im Hintergrund. Sehr viel dunkle Schokolade und eine satte Veilchennote. Sogar etwas Lavendel. Hochintensiv. Durchaus kraftvoll. Der Mund Kaffee mit Blaubeere, mit Zigarre. Süße Maulbeere, aber auch ganz viel Lakritz. Dunkle belgische Pralinen, dann Cranberry und sehr konzentrierte, feste rote Frucht. Etwas Himbeere kommt im Finale mit Salz und Karamelle. Der Wein ist ein noch etwas klassischerer Saint-Émilion, aber ich glaube, dass letztlich das Terroir den Unterschied macht. Die Côte Pavie bringt einfach noch mehr Power hervor, mit dieser reinen Südexposition als Amphitheater. Der Wein hat richtig viel Druck im Mund und trotzdem sind die Tannine komplett samtig. Nur ist der Wein in Summe nicht so verspielt-seidig und tänzelnd wie Tour Saint Christophe, sondern wir sind hier schon sehr seriös und ernsthaft bei einem großen Wein. Bellefont-Belcier muss sich hinter keinem seiner Nachbarn mehr verstecken. Er spielt im Reigen dieser großen Namen durchaus mit. Und trotzdem ist er ein Ausbund an Finesse. Es endet in Mango und Orangenzesten, belgischer Praline, Lakritze, Maulbeere und Cranberry. Das Ganze mit butterweichen Tanninen und alles extrem geschmackvoll und aromatisch. Das ist klassisches Saint-Émilion in allerbester Performance. High high Level! 98-100/100