Lobenberg: Eins vorneweg: Das ist ein extraterrestrisch genialer Weißwein! Die Trauben stammen vom ältesten und kargsten Teilstück eines uralten Weinbergs in El Peral, Mendoza. Über 120 Jahre alte Semillon-Reben auf sandig-kiesigen Tonböden in 1300 Metern über Meer. Rund die Hälfte des Weines wird mit den Schalen vergoren, was man ihm aber kaum anmerkt, der Rest wird direkt gepresst. Anschließend geht alles in gebrauchte 500 Liter Fässer und wird für ein Jahr darin ausgebaut. Die Fässer werden nicht aufgefüllt in dieser Zeit und eine minimale Schicht Florhefe bildet sich auf der Oberfläche, wie bei Sherry oder einigen Juraweinen. Das gibt eine sehr spezielle Aromatik, nussiger, würziger, die Frucht tritt etwas in den Hintergrund. Enorme reduktive Spannung in der Nase, dann fächert es etwas auf und zeigt Noten von gesalzenen Erdnüssen, Kastanienhonig, frisch-ätherischem Baumharz, Pinienkerne, Eukalyptus und Menthol, gelbe Pflaume, Papaya und zerstoßene Mandeln. Irre Komplexität! Der Wein wandelt sich minütlich. Mal steinig-staubig wie eine Landstraße im Sommer, dann wieder nussig-fruchtig. Dieses betörend spannende Spiel setzt sich im Mund nahtlos fort. Man kann kaum sagen, was hier dominiert. Tiefe gelbe Frucht, Mangopüree, salzige Quitte, kandierte Zitronenschale, Bitterorange, Grapefruit, auch Waldhimbeere. Im Ausklang kommen Muschelschalen, Algen und Meersalz hinzu. Ewiger Nachhall mit pikanter Steinigkeit, feinem Tannin, tonischer Frische und kaum zu beschreibender Würze aus Stein, Salz und Kräutern. Dieser Weißwein ist so markant, apart und in ganz eigenen Sphären unterwegs. Jura trifft gereiften Tondonia trifft argentinische Hochlage. Ich bin völlig geflasht. Ich habe noch nie einen so hochklassigen und außergewöhnlichen reinen Semillon probieren können. 99-100/100