Lobenberg: Überwiegend Caino Tinto, eine autochtone Rebsorte Galiziens, neben Ribeiro auch sehr verbreitet auch in Rias Baixas, wo A Crueceira und auch Zarate Weltklasse daraus erzeugen. Hier bei Bernardo im gemischten Satz stehend, auch weiße Reben dabei. Unterlage Kalkstein. Ribeiro liegt ja nur 60 km vom Meer entfernt, der Einfluss ist in der Frische spürbar. Im Oktober geermtet, entrappt und dann mit Füßen eingemaischt und spontan vergoren. Ausbau im 300 und 600 Liter Toneau für 10 Monate. Voraussichtlich weitere 12 Monate Flaschenlager bis zur Auslieferung. Es gibt nur gut 1000 Flaschen. Caino ergibt bei geringem Ertrag eine eine fast explosive, überaus blumige und dramatisch aromenstarke Nase, Veilchen, Walderdbeere, Salbei, Rauch, Lorbeer, Wacholder, Lavendel, final satte Würz-Himbeere. Echt ein Duft-Blockbuster in der Nase, das sprengt die Erwartung total, dabei total zart und fein und verspielt. Im Mund wahnsinng fruchtig, schwarze Johannisbeere, Blaubeerschale, Cranberry, Erdbeere, frische Zwetschge. Aber auch etwas Chambolle Musigny, ich wäre nicht verwundert wenn man mir das blind als Meo Camuzet verkauft hätte. Nur 12 Grad Alkohol, ätherisch und leicht, fast fragil. Seidigste Tannine, charmant sahniger Trinkfluss, Kräuter, Rauch und Feuerstein im Nachhall. Faszinierender Stoff mit erstaunlich langem Nachgeschmack. Der Wein ist in seiner Fruchtigkeit so intensiv, dass es einer der wenigen Roweine ist, der wirklich zu Käse passt. Eine tolle Auswahl französischer Weichkäses und Pumpernickel und Olivenbrot werde ich gleich holen, der Abend wird mit dieser genialen Probeflasche ein Gedicht! 97-98/100
Da ich als zuständiger Weinscout inzwischen einen Teil meiner Jahreszeit in Spanien verbringe, bin ich über Wetter und Klima vor Ort permanent gut im Bilde. Trockenheit, Hitze, wenige guten Regenfälle vor allem in den ersten 4 Monaten. Weil es im Winter wie auch im März April satt Regen gab, war die Basis für den trockenen Sommer perfekt. Und Wärme gab es auch zum Austrieb und auch zur Blüte, sich wie ein roter Faden bis zur Ernte ziehend. Dazu erstaunlich kühle Nächte im Mai, Juni, Juli und August, aber ein eher warmer trockener Spätsommer und Herbst. Die Story der großen Trockenheit wurde mir von jedem Winzer immer wieder erzählt. Und diese Story ist oft baugleich zu Bordeaux, das ja oft die gleiche Wetter- und Klimageschichte wie alle mittleren und östlichen Nordregionen Spaniens über das Jahr hat. Selbst die atlantischen frühen September-Unwetter und Regenmengen in Bordeaux und der Rioja bleiben seit dem Klimawandel oft aus, fast immer kann jetzt im September und Oktober in Ruhe bis zum optimalen Erntezeitpunkt gewartet werden. Die Ernte wurde nach etwas glücklichem kleinen Regen im Juli und August somit teilweise über 6-8 Wochen gestreckt. Die absolute Besonderheit in 2022 war aber auch in Spanien der kontinuierliche Verlauf der Trockenheit und Hitze und die relativ kühlen Nächte über das sommerliche Weinjahr. Die Reben waren 2022 perfekt assimiliert an das Klima. Trotz der Hitze war nichts gekocht, die Laubarbeit und Bodenbearbeitung der Winzer war dem Klima über die Jahre perfekt angepasst, eine perfekte Anpassung der Reben fand statt, war ganz anders als im von plötzlichen Hitzewellen dominierten Schock-Jahr 2003 mit schlecht präparierten Winzern und Weinbergen. Und auch 2022 gibt es, wider Erwarten von uns Laien, trotz oft hoher Alkoholgradationen eine erstaunliche Frische in den Weinen. Tiefe PH-Werte sind die Regel, die Biodynamiker sprechen von den tiefsten je gemessenen Werten. In Zusammenhang mit oft hohen Tanninlevel, hoher Reife, satter samtig seidiger Frucht, hohem Alkohol und zugleich famoser Säure, sprechen viele Winzer vom besten Jahr ihrer Geschichte (Oxer, Artadi und Cuentavinas), und das von der Rioja bis Ribera, vom Priorat bis Bierzo. ALLE Regler nach rechts! Und es gibt 2022 eine grandiose Harmonie und Balance und sensationelle Finesse und Feinheit. Wie in Bordeaux. Nach meiner Verkostung kann ich das durchaus in vielen Fällen bestätigen, obwohl es auch 2021 hochinteressante, oft sogar aufregendere und energiegeladenere Weine und oft sogar präzisere Weine gab. Für mich selbst war, von Einzelfällen abgesehen, 2021 und 2022 bei absolut verschiedenem Charakter eher auf gleicher Höhe, manchmal sogar mit leichtem Vorteil bei 2021. Wer z.B. 2022 bei so viel Feinheit zu viel neues Holz einsetzte oder die Weine zu lange im Holz ließ, konnte die Weine mit ihrer samtigen Seidigkeit auch mal zu »nett«, zu holzlastig und auch manchmal etwas belanglos ausfallen lassen. 2021 hatte klar mehr Druck und Wucht, um neues Holz wegzudrücken. Und wie in Bordeaux gilt auch in Spanien: Die besten Terroirs und alten Reben waren 2022 dramatisch im Vorteil und die Biodynamiker hatten »das Jahr der Jahre«.