Lobenberg: Das ist der Village-Champagne aus der Gemeinde von Benoit Marguet, sozusagen sein Heimspiel. Knapp hälftig Chardonnay und Pinot Noir aus Grand Cru Weinbergen. Alle Trauben stammen aus Demeter-zertifiziertem Anbau, seit 2010 werden alle Lagen ausschließlich mit dem Pferd bearbeitet. Benoit Marguet ist ein perfektionistischer Dogmatiker, was seine speziellen naturnahen Anbaumethoden angeht. Die Trauben entstammen den sechs Lieu-dits: Les Saints Remys, Les Beurys, Les Crayères, La Grande Ruelle, Les Bermonts und Le Parc. Alle werden einzeln im gebrauchten Holz vergoren und ausgebaut. Die Grundweine verweilten fast vier Jahre auf der Hefe bis, ohne Dosage und mit minimaler Schwefelgabe, degorgiert wurde. Die Nase ist umwerfend, wunderschön. Kommt mit hoher Spannkraft und gleichzeitig die hohe Reife des Jahrgangs anzeigend. Leichte Reduktionsnoten lassen gewisse Reminiszenzen ans Jura aufkommen. Dazu eine kristallin-klare Kalkmineralität, nasser Stein, Austernschale, wenig Frucht. In Anklängen ein paar Limetten- und Orangenschalen, ganz feine Wildhimbeere, mit Luft kommt etwas mehr weißer Pfirsich. Aber alles sehr dezent, sich nur in Nuancen ausdrückend, weit davon entfernt fruchtig zu sein. Dennoch sehr präsent und intensiv, etwas eigenwillig und geheimnisvoll, wie das meist bei Marguets Champagnern ist. Zur prägnanten Gesteinsprägung kommt auch deutliche Autolyse-Aromen von der Zersetzung der Hefe, Weizentoast, Hefezopf, helle Lakritze, aber eher herb als süß. Auch frisches Heu, Zitronenmelisse, sogar eine leicht animalische Note und ein ganz feiner Hauch vom Holzausbau. Ein sehr komplexer, vollreifer und hedonistischer Wein, total spannend. Gleichzeitig extrem rassig und spannungsreich mit geradezu athletischem Antritt im Mund. Hier kommt das stahlige Rückgrat des Chardonnay durch und läuft unbeirrt geradeaus, an den Seiten kommt etwas Schmelz und etwas Sauerkirsche und würziges Steinobst hinzu. Das Finale ist wieder vom Stein dominiert, nasse Kreide, fast Feuerstein, immense Salzladung. Grandiose Präzision, kein Gramm Fett, überhaupt keine Süße und dennoch niemals eindimensional, sondern auffächernd und weiträumig bis in den packenden Abgang, der auf einer zitrischen Kalkspur entlang läuft. Die Säure ist wie immer prägnant und verleiht dem voll aufspielenden Orchester des warmen Jahrgangs den nötigen Rhythmus. Sie ist aber trotz ihrer Intensität so reif, fein und perfekt in die Gesamtsymphonie eingebunden, dass ihre Prägnanz nie heraussticht. Eine besondere Handschrift, die kaum jemand so genial komponieren kann wie Benoit Marguet. Das ist ein großer, charakterstarker Ambonnay mit feinen, kreidigen Tanninen und festem Rückgrat für weiteres Entwicklungspotenzial im Keller. 95-97/100