Lobenberg: 2018 war im Piemont ein sehr warmes Jahr mit ausreichend Regenmengen und einer regulären Ernte im Oktober. Ein sehr feiner und doch klassischer Jahrgang, kein grandioses Tannin-Jahr wie 2016, sondern delikat, unanstrengend, offen und sehr ausgewogen. 2018 ist eher wie 2012 und 2008, mit dieser hohen Eleganz und Verspieltheit. Und obwohl viele Leute von einem heißen und trockenen Jahr reden, weil es vor allem in Bordeaux sehr warm und trocken war, ist 2018 im Piemont kein besonders heißes und trockenes Jahr. In Summe ist es ein leichteres, elegantes und florales Jahr, mit einer guten Basis-Konzentration. Nicht so rund wie 2015, ohne die extremen Gerbstoffe von 2016 und nicht so hyperkonzentriert wie 2017. Einfach ein klassisches, aber feines, elegantes, trinkiges und hedonistisches Jahr. Der Vergleich mit 2012 und 2008 passt eben wahrscheinlich am besten. Keine extremen Wetterkapriolen aber ein sehr feuchtes Frühjahr, leichtere Weine sind die Folge, dann aber eine trockene Erntezeit im Oktober – so wie es für einen klassischen Barolo oder Barbaresco sein soll. Dementsprechend gibt es sehr elegante, leichtere und doch aromatisch verspielte Weine. Alle Winzer, die statt auf Extrakt und Power Richtung Feinheit und Finesse vinifiziert haben, konnten überwältigend schöne Weine für frühen Genuss auf die Flasche bringen, köstlich, filigran, finessenreich und unanstrengend. Giachini ist eine Lage, die direkt neben der Toplage Rocche liegt. Also warme Südexposition. Eine Traumlage, welche die Corinos schon ewig bewirtschaften, aber leider nie kaufen konnten. Uralte Reben, ein Traumbestand im Besitz der Kirche. Aber Langfristpacht geht ja eben auch. In weichen warmen Jahren ist Giachini das Flagship von Corino, obwohl er ja auch Arborina hat. Aber sein weicherer, charmanterer und schwarzfruchtig samtiger Arborina kann für mich in normalen, warmen Jahren qualitativ nicht an seinen strukturierteren, rotfruchtigen Giachini heran. In dieser Lage Giachini tummelt sich sonst nur Grasso, Revello und eben Corino. Deshalb wird diese Lage mangels Verbreitung nie so berühmt wie die gleichwertige Nachbarlage Rocche, obwohl sie es qualitativ eigentlich verdient hätte. Giachini ist mein Lieblingswein bei Corino, weil er die Weichheit und die Samtigkeit des La Morra Barolo hat und gleichzeitig so einen würzigen Kick mit Grip und leichtem Vosne-Romanée-Touch. Etwas Sanddorn, die rote Frucht wird schon in der Nase würziger, griffiger und druckvoller. Trotzdem bleibt es 2018, mit diesem weichen Hedonismus. Im Mund hat er genau dieses Quäntchen an Grip, Würze und Kraft mehr, die aus dem Barolo La Morra schon fast einen großen Wein machen würden. Er behält die extreme samtig-seidige Geschmeidigkeit, er behält die Jahrgangscharkateristik. Hedonismus pur, zugänglich, offen, samtig und seidig. Aber er kriegt – wie ich schon bei der Nase anmerkte – diesen Vosne-Romanée-Würzetouch darunter. Burgund mit dieser nur in Vosne-Romanée zu findenden Sanddornwürze, der roten Johannisbeere, der konzentrierten Zwetschge und der druckvollen Kirschfrucht. Hintenraus endet der Wein weich, geschmeidig und sympathisch. Ein einminütiger Nachhall. Kein großer Wein, aber ein harmonischer Wein, die Balance ist hervorragend. 2017 hatte klar mehr Konzentration, 2016 war ein Allzeit-Highlight – der beste Giachini aller Zeiten, der aber ewig braucht. 2018 wird sicherlich in fünf Jahren schon perfekt zu trinken sein. Sehr einnehmend und trotzdem mit dieser unterschwelligen Kraft und Würze in diesem weichen, hedonistischen Wein. Mit keinerlei scharfen Tanninen und keinerlei Rustikalität. Der Wein macht wirklich Freude. 96+/100