Lobenberg: In der Lage Cicala gibt es wesentlich mehr blauen Lehm, Kalkstein und Eisen. Der Wein kommt zwar wie der Colonnello vom gleichen Bussia-Weinberg, aber hier geht es ganz klar in die Richtung zum Maskulinen und Schweren. Auch hier liegt der Ertrag bei nur gut 10 Hektoliter pro Hektar, die gleiche extrem frühe Reife, also vollständiger Erhalt der Säure bei früher Lese bzw. höchste Komplexität bei längerer Vegetationsperiode, immer eine sehr hohe Reife. Die Gesamtproduktion aus 3 Hektar beträgt nur winzige 5.000 Flaschen. Auch hier gibt es 4 grüne Lesen neben der schon extremen Ertragsreduktion durch die Biodynamik. Der Wein bleibt mit der Gärung ca. 5 Wochen auf der Maische um alle Aromen und Tannine aus den Schalen und reifen braunen Kernen zu waschen, nach der Malo wird er dann ca. 30 Monate im großen Holz ausgebaut. Cicala ist neben dem Romirasco immer die druckvollste, kraftvollste Lage durch den hohen Eisenanteil im weißen Lehm. Die Nase ist immer deutlich druckvoller als die des Colonnello, das große Powerteil in klassischen Jahren, der Colonnello hat dafür in charmant vollen Jahren durch seine größere Feinheit die Nase vorn. Der Jahrgang 2015 mit seiner süßen roten Kirschfrucht nebst Himbeere, ein Hauch Brombeere, Zwetschge, Schwarzkirsche und dunkler Schlehe macht gerade in Monforte, auf diesen Kalkböden (weißer Lehm ist ja auch eine Form von Kalkböden), aus einem Barolo einen üppigen und zugleich feinen Burgunder. Der Charme aus 2012 und 2005 nimmt die Süße aus 2007 und die Feinheit aus 2008 dazu. Gevrey Chambertin lässt grüßen. Wie jedes Jahr nicht ganz so duftig, nicht ganz so erotisch wie der Colonello, sondern etwas strukturierter, deutlich gradliniger. Der Cicala zeigt aber wie der Romirasco gerade in 2015, dass der maskuline Teil, die Schärfe, die Ecken und Kanten und der steinig mineralische Geradeauslauf, einen tollen Gegenpart zur Charmeoffensive der süßen schwarzen und roten Beerenfrucht nebst Trockenblumen darstellt. Der Cicala hat wie immer sauber definierte Ecken und Kanten und ist erstaunlich versammelt. Alles ist reif, alles ist fein und trotzdem ist dieser Cicala so unglaublich dicht, geradeaus und lang. Salzig, mineralisch, feine Schärfe. 2015 muss ich mit mir ringen ob ich Cicala wegen eben dieser Balance nicht besser finde als Colonello. Chambertin versus Musigny, nicht einfach zu entscheiden. 98-99/100