Lobenberg: Aufgepasst, hier kommt der urwüchsigste Wein der Mosel! Ein Wein wie in früheren Jahrhunderten üblich. Mischsatz von uralten, quasi ausgestorbenen, einst traditionellen Rebsorten. Gelber Kleinberger, Orleans, Grünfränkisch, Adelfränkisch, um nur einige zu nennen, natürlich ist auch Riesling mit drin. Constantin Richter und sein Vater lassen die Tradition in diesem Wein als Versuchsanbau wieder aufleben. Ich bin so gespannt diesen Wein erstmals zu probieren, denn auch für mich ist sowas ein absolutes Novum. Reinen Gelber Orleans kenne ich von Knipser und Breuer, die diese Sorte rekultiviert haben, aber so einen Mischsatz von der Mosel hatte ich noch nie. Alle Trauben werden gleichzeitig geerntet, gemeinsam gepresst und trocken vergoren. Dann im traditionellen alten Moselfuder ausgebaut. Die Nase hat überraschende Nuancen, sehr kräutrig, grünblättrig, Rauke, grüner Spargel, weiße Trüffel, getrocknete Kamille. Frische Weintraube und Limette, dann wieder deutlich kräuterig, griffig und herb. Das Verblüffendste ist aber die Eleganz, die ich in dieser Form überhaupt nicht erwartet hatte. Der Wein wirkt total klar, fein verwoben, harmonisch, in sich ruhend, wie aus einem Guss. Die gemeinsame Vergärung schafft hier eine grandiose Balance, wir kennen das von anderen Regionen, die mehr mit Blends und Mischsätzen arbeiten, dort schwören auch viele Winzer auf Co-Ferment. Der Mund zeigt eine tolle Frische, ist saftig und pikant mit leicht salziger Schieferwürze als Unterton. Der Boden setzt sich auch hier durch und haucht dem Wein eine tolle Energie und Süffigkeit ein. Zudem ist er aber etwas milder, cremiger, burgundischer in der Textur als ein Moselriesling. Fast etwas an Weißburgunder erinnernd in dieser sahnigen, anschmiegsamen Geschmeidigkeit, die den Mundraum lange belegt. Ich bin baff – das ist nicht nur von der Story her richtig spannend, sondern sogar ein richtig trinkfreudiger, animierender Wein. Im Nachhall kommt wieder diese herbe Kräuternote durch die den Wein wie ein roter Faden durchzieht. Jetzt ist es mehr Zitronenmelisse, Pfefferminze, feine Ingwerschärfe. Einerseits einer der spannendsten Weine, die man an der Mosel finden kann. Andererseits ein wirklicher Genuss und das bei so beschwingt geringem Alkohol. Mit seiner milderen Art auch eine echte Alternative für alle, denen Moselriesling etwas zu bissig ist. Ich bin begeistert, eine flüssige Zeitreise! 93+/100