Lobenberg: Der Longuicher Maximin Herrenberg besteht quasi aus drei Teilen, aus dem oberen Teil stammt das GG aus den jüngeren, 1902 gepflanzten Reben, aus dem unteren Bereich stammt der Herrenberg 1896 Alte Reben und dieser Riesling 1896. Letzterer ist ein Experimentalwein, der hergestellt wird wie vor 100 Jahren. Hier kommt einiges vom besten Lesegut aus dem dritten Lesedurchgang im Herrenberg hinein. Im Maximin Herrenberg stehen wurzelechte Reben in Einzelpfahlerziehung, die Bearbeitung wird wie vor 120 Jahren in reiner Handarbeit durchgeführt. Die mit der Hand gelesenen Trauben werden mit der Hotte zu den Traubenbütten auf dem Anhänger getragen. In den Bütten werden die Trauben sofort mit den Füßen eingestampft, damit der Saft austritt und die Mazeration der Trauben beginnt. So können die Aromen der Trauben voll aufgeschlossen werden. Am Abend des Erntetages beginnt das Keltern. Hierfür konnte das Weingut einen alten Korbkelter erwerben, der mit der Technik des vergangenen Jahrhunderts arbeitet. Mit Muskelkraft wird gekeltert und zwar über die ganze Nacht, in einem Durchgang ohne erneutes Aufscheitern, der Most wird ohne Sedimentation direkt ins Fuderfass geleitet. Die Gärung erfolgt spontan mit traubeneigenen Hefen. Wir haben also einiges an Maischestandzeiten, sowohl im Weinberg als auch während der langsamen Pressung. Der Wein verbleibt bis zum kommenden Sommer auf seiner Hefe, geschwefelt wird erst nach der Gärung. Der 1896 wird im ältesten Holzfass des Weingutes vergoren, um großen Holzeinfluss zu vermeiden. Dieser Wein zeigt wie schon die anderen Weine vom roten Schiefer besonders die Wärme des Bodens und die Wärme des Jahrgangs 2018. Diese Sonne scheint bei diesem 1896 aus dem Glas, so reich, so warm, aber nicht fett, sondern mit reichem, süßem Assam Tee, grünem Tee, Orange, reife Quitte, reife gelbe Melone, keinerlei Exotik, wir bleiben bei europäischer, cleaner Frucht. Reich, aromatisch und dicht, aber nicht zu süß, sondern eher eine feine Salzspur vor sich herschiebend. Im Mund eine Orgie in Süße und Frische zugleich, satte rote Früchte, süße Johannisbeere, süße Himbeere und Erdbeere, zusammen mit Orange, Zitronengras, mit Limette, kandierte Frucht, süß und salzig zugleich, alles unendlich lang. Diese irre, hohe Intensität, auch ein wenig aus der Phenolik kommend, aus den langen Standzeiten, diese Phenolik tut dem Wein unheimlich gut und trotzdem hat es nicht den Hauch eines Orangeweines, sondern bleibt ganz klar auf der Frucht. Auch die vorhandenen Sponti-Töne reihen sich ein hinter der wunderbaren, salzig-süßen Frucht. Ein ganz leicht bitteres Schwänzchen aus der Phenolik zieht der Wein nach sich, aber das ist animierend, das tut dem Wein gut. Das ist ein Unikat und wirklich großer Stoff. Der Wein kommt wahrscheinlich viel zu früh auf den Markt, wenn man ihm noch etwas mehr Zeit gäbe, wäre das wahrscheinlich ein würdiger Gegenspieler von Peter Jakob Kühns Schlehdorn. Für mich einer der großen Weine des Jahres, in dem es so viele 100 Punkte Weine gab, ich bin völlig hin und weg. 100/100