Lobenberg: Der Breumel ist eine kleine Parzelle in der Großen Lage Bürgergarten, das historische Filetstück. Es sind 2.6 Hektar, die niemals flurbereinigt wurden, im Prinzip seit Jahrhunderten unverändert eine Spitzenweinlage. Es ist der waldnaheste und höchstgelegen Teil des Bürgergartens. Zertifiziert biologische Weinbergsarbeit. Theoretisch wäre mehr GG auf der Fläche des Bürgergartens für Müller Catoir möglich aber sie beschränken sich hier freiwillig selbst und keltern nur aus der Parzelle »Breumel« ein GG, um die Qualität wirklich maximal halten zu können. Der Rest geht in die Erste Lage ein. Gelber Buntsandstein, sehr karg. Der Breumel hat den höchsten Steinanteil aller Gewanne im Bürgergarten. Der Wein wurde komplett spontanvergoren und lange auf der Hefe belassen, vorher Ganztraubenpressung. Schwefel wird erst lange nach der Gärung zum ersten Mal eingesetzt. Kellermeister Franzen möchte gern etwas oxidativer ausbauen, deshalb die späte Schwefelung, aber nach Möglichkeit dennoch den biologischen Säureabbau nicht stattfinden lassen. Der Wein wird hälftig in gebrauchten 500 Liter Holzfässern und im Stahl ausgebaut. Im direkten Vergleich zur Ersten Lage strahlt schon die Nase mehr Dichte aus. Nochmal mehr Tiefe und Konzentration. Obwohl das hier die hochgelegene Parzelle in der Lage ist, kommt hier die gelbfruchtige Würze so wunderbar durch. Das wirkt jetzt im ganz jungen Stadium wunderbar fruchtoffen und zugänglich. Tolle Eleganz und Gelassenheit ausstrahlend. Sofort dieses brillante, die zarte Kühle in der Nase. Klar wie ein Gebirgsbach über hellem Gestein – kristallin, fast glasig in der Frucht. Kein Gramm Fett, keinerlei Botrytis, alles wirkt pur, feingliedrig und präzise. Zarte weiße Blüten steigen auf, Apfelblüte, Lindenhonig, dazu diese typische Breumel-Frische: grüne Birne, saftiger weißer Pfirsich, etwas Quitte. Nichts Opulentes, alles wie mit feinem Pinsel gezeichnet. Die Frucht ist hellgelb, fast silbrig in ihrer Klarheit. Und doch, trotz der Höhenlage, strahlt Wärme mit – ein Hauch reifer Sommerapfel, saftige Aprikose, auch etwas Zitronenzeste und kühler, heller Pfirsich. Keine Spur von Holz in der Aromatik, stattdessen ein feiner Hauch Feuerstein, etwas Rauchigkeit, kühl und ätherisch, nie dominant. Alles wirkt ruhig, tief und gelassen, mit einer faszinierenden inneren Spannung. Am Gaumen setzt sich das fort mit dieser saftigen, klaren Frucht – wieder weißer Pfirsich, ein wenig Reineclaude, gelber Apfel, ein Hauch Grapefruitschale im Finale. Das ist pure Präzision, glasklar und engmaschig. Die Textur ist seidig, fast kristallin, getragen von einer salzig-mineralischen Energie, die wie ein feines Netz unter der Frucht liegt. Kein Fett, kein Lautwerden, stattdessen eine fast demütige Tiefe. Die Säure ist präsent, reif und vollkommen eingebunden. Trägt, ohne zu schieben, kitzelt die Frucht nach oben, lässt alles tänzeln, nie hart, immer fein vibrierend. Der Breumel 2024 lebt von dieser Balance aus kühler Eleganz, brillanter Frucht und einer fast schwebenden Mineralität – ein Riesling wie ein Lichtstrahl im Glas. Fantastische Länge. Ein archetypischer Catoir.
»Here comes the rain again…« – das Weinjahr 2024 war rasant und aufwühlend. Eine deutlich kühlere Vegetationsperiode mit wechselnden Regen- und Trockenphasen forderte die Winzer heraus. Der frühe Austrieb im April wurde von heftigen Spätfrösten abgelöst, die Ahr, Nahe, Nordbaden, Saar und Ruwer besonders hart trafen und zu teils dramatischen Ernteausfällen führten. Viel Manpower, bedingungsloser Einsatz und sorgfältige Selektion waren entscheidend. Die besten 2024er Weine zeigen eine bemerkenswerte Finesse mit überraschend viel Stoffigkeit und schlanker Kraft. Der kühlere Ausdruck erinnert an die präzisen Klassiker 2016, 2008, 2004 und 2002. Sie sind extrem klar gezeichnet und definiert und besitzen häufig mindestens ein Volumenprozent weniger Alkohol als die Vorjahre. Umso überraschender ist die Substanz und innere Dichte, die durch ausgiebige Sommerniederschläge und eine langsame Reifung bis in die kühlen Nächte der späten Lese ermöglicht wurde. Die Trauben erreichten enorm hohe Extraktwerte, die mit 2023 konkurrieren. »Die schönsten Aromen gedeihen im Schatten.« wie Florian Lauer immer sagt. Die Säuren sind »nordisch-straff« und vibrierend, aber reifer und weniger einschneidend als im “krachenden” 2021. Die Weine bieten eine genussvolle Cremigkeit, ohne ihr elektrisierendes Rückgrat zu verlieren. Der 2024er ist ein harmonischerer und feinerer Jahrgang als ebenfalls kühlere 2021, zudem ist es aromatisch in einem klassischeren und schlankeren Profil angesiedelt als die »Vollgas-2023er«. Bei vielen Weinen wurde ein Level erreicht, das mit dem Benchmark-Jahrgang 2023 mithalten kann, auch wenn die Mengen besonders bei den Großen Gewächsen teils sehr gering sind. Es gibt so viele wunderschöne, filigrane, saftig-dichte und auch richtig lecker-delikate Weine in diesem Jahr. Und das kann in dieser Leichtigkeit und finessenreichen, athletischen Form heute eben fast nur noch in Deutschland so geerntet werden. Franken glänzt mit exzellenten Silvanern mit kühlem Saft und eleganter Stoffigkeit. An Mosel-Saar-Ruwer wurde im restsüßen Bereich von Kabinett bis Auslese absolute Weltklasse geerntet, trotz mancherorts verheerender Frostschäden. Die Nahe glänzt 2024 nicht nur mit Riesling in ultrafokussierter Manier, sondern auch mit Burgundern dieses Jahr – genau wie die Südpfalz! Der wärmeren Mittelhaardt steht ein kühleres Jahr immer mehr als gut. Von Christmann über Bürklin bis Winning ist das der Stoff aus dem Riesling-Träume sind. In Rheinhessen hat wohl der Rote Hang sein Jahr der Jahre, so viele Mega-GGs nach den schwierigen Trockenjahren dort ein Segen… wow!