Lobenberg: Das Frühlingsplätzchen steht auf rotem Schiefer (hoch verdichteter, gepresster Ton), Blauschiefer (Kupfer) und Quarzit. Es ist nicht so karg und steil wie der Halenberg, hat aber auch etwas mehr Wasserhaltefähigkeit an vielen Stellen. Wie immer nur kurze Maischestandzeit. Dann abpressen und spontan vergären im Holz. Der Ausbau geschieht auf der Vollhefe bis zur Abfüllung im Sommer. Ansonsten ruhen die GGs bei Schönleber unberührt im Fass. Ausbau im gebrauchten großen Holz, vom Stückfass zu 1200 Liter bis hin zu 3000 Liter. Einige sind mehrere Jahrzehnte alt. Und diese Ruhe des langsamen Ausbaus im großen Holz überträgt sich auf den Wein. Schönlebers Weine eröffnen in der Regel karg und steinig, entfalten sich langsam mit Reife und Luft, spannen dann aber nicht selten ungeahnte Dimensionen auf. In 2024 gibt es rund 40 Prozent weniger Menge vom Frühlingsplätzchen GG, aufgrund der Frostschäden im Frühjahr. Das Frühlingsplätzchen ist in den letzten Jahren meist meine größte Überraschung gewesen, es wird immer fokussierter und straffer. Heute stammt es größtenteils von steinigeren Parzellen, in den Anfängen war es mehr Lehm. Zudem greift die Dauerbegrünung sicherlich und schafft einiges an Konkurrenz, sodass die Stöcke mehr kämpfen müssen und die Trauben deutlich kleiner ausgebildet sind als früher. Und dieses Plus an Kargheit zeigt sich dann auch im Wein. Er wird sehr trocken auf 3.x Gramm Restzucker erscheinen, auch das trägt weiter zum Purismus des Frühlingsplätzchens bei. Das ist schon sehr straffer Stoff, noch feiner und kühler als im Vorjahr 23 wirkend. Hat einen ganz feinen, salzigen Zug ins Finale, so filigran und ziseliert, wie es früher nur der Halenberg konnte. Es geht aromatisch dennoch etwas mehr in warm-steinige, kräuterige Richtung, ist expressiver als der kühle, minzige Halenberg. So straff ist das Frühlingsplätzchen wirklich selten, aber in den letzten Jahren dann doch immer häufiger. Bewegt sich in der grapefruitigen-rotbeerigen Ecke, darunter Orangenblüte und etwas Bitterorange. Ich mag diese wilde, vibrierende Expressivität des Frühlingsplätzchens, es ist nicht mehr diese Charmebombe, sondern schon ziemlich aufregender Stoff. Das Ganze sitzt auf einem festen, hochverdichteten Chassis aus Salz und Gerbstoffen, das die Frucht markant unterlegt. Diese Lage negiert zusehends den einstig geglaubten Abstand zum Halenberg, begegnet ihm in manchen Jahren nun gar auf Augenhöhe und spielt über seinen energetischeren Charakter in der Jugend durchaus mehr Rasse und Zug aus. Ob man nun die große Ruhe und Harmonie des Halenberg bevorzugt oder die Vibration des Frühlingsplätzchens, liegt auf der Zunge des Betrachters. Erneut eine beeindruckende Performance des Frühlingsplätzchens aus dem Fass!
»Here comes the rain again…« – das Weinjahr 2024 war rasant und aufwühlend. Eine deutlich kühlere Vegetationsperiode mit wechselnden Regen- und Trockenphasen forderte die Winzer heraus. Der frühe Austrieb im April wurde von heftigen Spätfrösten abgelöst, die Ahr, Nahe, Nordbaden, Saar und Ruwer besonders hart trafen und zu teils dramatischen Ernteausfällen führten. Viel Manpower, bedingungsloser Einsatz und sorgfältige Selektion waren entscheidend. Die besten 2024er Weine zeigen eine bemerkenswerte Finesse mit überraschend viel Stoffigkeit und schlanker Kraft. Der kühlere Ausdruck erinnert an die präzisen Klassiker 2016, 2008, 2004 und 2002. Sie sind extrem klar gezeichnet und definiert und besitzen häufig mindestens ein Volumenprozent weniger Alkohol als die Vorjahre. Umso überraschender ist die Substanz und innere Dichte, die durch ausgiebige Sommerniederschläge und eine langsame Reifung bis in die kühlen Nächte der späten Lese ermöglicht wurde. Die Trauben erreichten enorm hohe Extraktwerte, die mit 2023 konkurrieren. »Die schönsten Aromen gedeihen im Schatten.« wie Florian Lauer immer sagt. Die Säuren sind »nordisch-straff« und vibrierend, aber reifer und weniger einschneidend als im “krachenden” 2021. Die Weine bieten eine genussvolle Cremigkeit, ohne ihr elektrisierendes Rückgrat zu verlieren. Der 2024er ist ein harmonischerer und feinerer Jahrgang als ebenfalls kühlere 2021, zudem ist es aromatisch in einem klassischeren und schlankeren Profil angesiedelt als die »Vollgas-2023er«. Bei vielen Weinen wurde ein Level erreicht, das mit dem Benchmark-Jahrgang 2023 mithalten kann, auch wenn die Mengen besonders bei den Großen Gewächsen teils sehr gering sind. Es gibt so viele wunderschöne, filigrane, saftig-dichte und auch richtig lecker-delikate Weine in diesem Jahr. Und das kann in dieser Leichtigkeit und finessenreichen, athletischen Form heute eben fast nur noch in Deutschland so geerntet werden. Franken glänzt mit exzellenten Silvanern mit kühlem Saft und eleganter Stoffigkeit. An Mosel-Saar-Ruwer wurde im restsüßen Bereich von Kabinett bis Auslese absolute Weltklasse geerntet, trotz mancherorts verheerender Frostschäden. Die Nahe glänzt 2024 nicht nur mit Riesling in ultrafokussierter Manier, sondern auch mit Burgundern dieses Jahr – genau wie die Südpfalz! Der wärmeren Mittelhaardt steht ein kühleres Jahr immer mehr als gut. Von Christmann über Bürklin bis Winning ist das der Stoff aus dem Riesling-Träume sind. In Rheinhessen hat wohl der Rote Hang sein Jahr der Jahre, so viele Mega-GGs nach den schwierigen Trockenjahren dort ein Segen… wow!