Lobenberg: Der Himmelspfad ist eine der Toplagen von May. Der älteste Weinberg des Betriebs mit Pflanzjahr 1963, seit etwas über 10 Jahren in Besitz der Familie May. Reiner, steiniger Muschelkalkboden. Der Himmelspfad ist eine Südsüd-Lage, moderat steil, sehr karger Boden. Die Reben bleiben recht schmal, weil sie weniger Wuchs haben und auch die Trauben sind immer sehr kleinbeerig. Es ist der Weinberg, der immer die kleinsten Trauben hervorbringt. Dichtpflanzung mit 10.000 Stöcken pro Hektar. Handlese in kleine Bütten, händische Selektion direkt im Weinberg. Die Nase ist sehr ruhig und erhaben. Hier stehen nur natürliche Selektionen, keine Klone. Diese alte deutsche Genetik ist einfach hervorragend, weil sie noch nicht auf hohe Produktion getrimmt war. Ein sehr eleganter Silvaner-Ausdruck, das ist der Gegenpol zu den Reinzuchthefen-Fruchtbomben, die es aus dieser Rebsorte in Franken zuhauf gibt. Wir gehen hin zum Bodenausdruck, zur kühlen Kräuterigkeit, zum Gestein. Durch den harten Frühjahrsfrost und die Peronospora hat der Öko-Betrieb May rund die Hälfte der Ernte verloren. Die übrigen Trauben waren sehr konzentriert, kraftvoll und intensiv. Im Himmelspfad haben Mays mit Frostkerzen einen guten Teil des Frostes aufhalten können, allerdings hat dann die Peronospora zugeschlagen über den Sommer, sodass doch sehr viel Menge verloren ging. Was für eine Tragik, nachdem sie im Frühjahr den Frostkampf so gut überstanden hatten in dieser Lage. Der Himmelspfad ist jung immer etwas ansprechender, hat eine sehr elegante, feine Art, die den Trinker direkt mitnimmt. Duftiger weißer Pfirsich, Apfelblüte, zerstoßene Muschelschale. Ich bin baff über die Länge dieses Stoffs, er geht gar nicht mehr aus dem Mund, alles rollt immer wieder hoch, so viel Kraft so elegant verpackt. Auch in 2024 hat er für mich nicht ganz die innere Größe und Ruhe des Rothlauf, aber er ist animierender, vitaler und voller Spannung, was ihn jung deutlich trinkfreudiger macht.
»Here comes the rain again…« – das Weinjahr 2024 war rasant und aufwühlend. Eine deutlich kühlere Vegetationsperiode mit wechselnden Regen- und Trockenphasen forderte die Winzer heraus. Der frühe Austrieb im April wurde von heftigen Spätfrösten abgelöst, die Ahr, Nahe, Nordbaden, Saar und Ruwer besonders hart trafen und zu teils dramatischen Ernteausfällen führten. Viel Manpower, bedingungsloser Einsatz und sorgfältige Selektion waren entscheidend. Die besten 2024er Weine zeigen eine bemerkenswerte Finesse mit überraschend viel Stoffigkeit und schlanker Kraft. Der kühlere Ausdruck erinnert an die präzisen Klassiker 2016, 2008, 2004 und 2002. Sie sind extrem klar gezeichnet und definiert und besitzen häufig mindestens ein Volumenprozent weniger Alkohol als die Vorjahre. Umso überraschender ist die Substanz und innere Dichte, die durch ausgiebige Sommerniederschläge und eine langsame Reifung bis in die kühlen Nächte der späten Lese ermöglicht wurde. Die Trauben erreichten enorm hohe Extraktwerte, die mit 2023 konkurrieren. »Die schönsten Aromen gedeihen im Schatten.« wie Florian Lauer immer sagt. Die Säuren sind »nordisch-straff« und vibrierend, aber reifer und weniger einschneidend als im “krachenden” 2021. Die Weine bieten eine genussvolle Cremigkeit, ohne ihr elektrisierendes Rückgrat zu verlieren. Der 2024er ist ein harmonischerer und feinerer Jahrgang als ebenfalls kühlere 2021, zudem ist es aromatisch in einem klassischeren und schlankeren Profil angesiedelt als die »Vollgas-2023er«. Bei vielen Weinen wurde ein Level erreicht, das mit dem Benchmark-Jahrgang 2023 mithalten kann, auch wenn die Mengen besonders bei den Großen Gewächsen teils sehr gering sind. Es gibt so viele wunderschöne, filigrane, saftig-dichte und auch richtig lecker-delikate Weine in diesem Jahr. Und das kann in dieser Leichtigkeit und finessenreichen, athletischen Form heute eben fast nur noch in Deutschland so geerntet werden. Franken glänzt mit exzellenten Silvanern mit kühlem Saft und eleganter Stoffigkeit. An Mosel-Saar-Ruwer wurde im restsüßen Bereich von Kabinett bis Auslese absolute Weltklasse geerntet, trotz mancherorts verheerender Frostschäden. Die Nahe glänzt 2024 nicht nur mit Riesling in ultrafokussierter Manier, sondern auch mit Burgundern dieses Jahr – genau wie die Südpfalz! Der wärmeren Mittelhaardt steht ein kühleres Jahr immer mehr als gut. Von Christmann über Bürklin bis Winning ist das der Stoff aus dem Riesling-Träume sind. In Rheinhessen hat wohl der Rote Hang sein Jahr der Jahre, so viele Mega-GGs nach den schwierigen Trockenjahren dort ein Segen… wow!